Die Zukunft des Priesterberufs

Berufung in der Sackgasse?

Sie haben eine herausgehobene Stellung, sind wichtig für den Fortbestand der Kirche, werden aber immer weniger: die Priester. Welche Probleme haben sie tagtäglich, welche Chancen bieten aber neue Entwicklungen?

Priesterweihe im Petersdom / © Andrew Medichini (dpa)
Priesterweihe im Petersdom / © Andrew Medichini ( dpa )

Rund um Pfingsten ist die Hochsaison für Priesterweihen in der katholischen Kirche. Vom Sonntag des guten Hirten bis zum Herz-Jesu-Fest werden weltweit in vielen Diözesen neue Priester geweiht. Ausgehend vom Bibelwort: "Einer ist Gott, Einer auch Mittler zwischen Gott und den Menschen: der Mensch Christus Jesus" steht der Priester nach Jesu Tod, in der Rolle als Mittler zwischen Gott und den Menschen. In den Gottesdiensten handelt er "in persona Christi". Geschichtlich betrachtet sind in der katholischen Kirche das Bischofs- und Diakonenamt aber älter. Etwa im zweiten Jahrhundert sind diese Ämter bekannt, dazu gibt es die Gemeindeältesten (presbyteros). In dieser Tradition stehen die Priester bis heute. Stellvertretend für den Bischof leiten sie die Gemeinden vor Ort.

Der Weg der Berufung

Der Weg zum Priester ist lang mit dem Theologiestudium und der Zeit im Priesterseminar. Junge Männer, die sich auf diesen Weg machen, haben Gottes Ruf in diesen Dienst vernommen. Die Wege, auf denen die Berufung zum Priester vernommen werden, sind vielfältig. Davon erzählt auch Michael Schmitt, der am 23. Juli im Kölner Dom zum Priester geweiht wird. "Es geht darum, dass man seinen Weg mit Gott findet und daraus sein Leben gestaltet. Das kann Pastoralreferent, Pastoralreferentin, Lehrer oder Lehrerin sein. Vieles kann es sein, wo man seinen Beitrag in der Welt ausführt, um die Botschaft Jesu in die Welt zu bringen." Er selbst habe kein einzelnes Berufungserlebnis gehabt, sondern vor allem in der Begegnung mit Menschen und im Erleben der Berufung anderer, ist sein Entschluss gewachsen.

Täglich neue Aufgaben, ein immer gefüllter Terminkalender und viel Abwechslung sorgen dafür, dass man "von Alltag nicht sprechen" kann. Davon erzählt Christoph Wichmann. Der 38-Jährige ist leitender Pfarrer und Propst in Oberhausen. "Ich hätte nicht gedacht, so jung schon für so viele Gemeinden verantwortlich zu sein." Vor allem die vielen Sitzungen an Abenden seien dabei eine Belastung, die er aber durch eine "Umwidmung" für sich selbt erträglicher macht. Er sieht auch das als Teil der Seelsorge, weil so viele Menschen sich ehrenamtlich engagieren. Trotzdem sagt er: "Der freie Tag in der Woche klappt eigentlich nie", gibt er zu. Ruhe finde er im Gebet am Morgen und im "Wüstentag" einmal im Monat. Das könne man aber nur mit Selbstdisziplin schaffen. Zweifel an seiner Berufung habe er trotz der vielen administrativen Aufgaben aber nicht, sondern verspüre weiter "große Lust an der Verkündigung des Evangeliums."

Zukunftschance durch Verwaltungsentlastung

In einigen Bistümern, so auch im Erzbistum Köln, gibt es seit einiger Zeit Pilotprojekte, die zur Entlastung des Priesters führen sollen. Jutta Ollig sieht sich als Verwaltungsleiterin der Kölner Gemeinde St. Severin als "Ermöglicherin", sie kümmert sich um das Personal in der Gemeinde, ist Dienstvorgesetzte und kann so vieles tun, für die ein Pfarrer keine Zeit haben kann. "Zum ersten Mal sind auch Dinge möglich, die vorher undenkbar waren", sagt sie. Das sei ein Weg, um die Gemeinden lebendig zu halten. Der Pfarrer der Gemeinde wisse diese Arbeit zu schätzen und würde seine Zeit nun mehr für die Seelsorge verwenden können. Für sie selbst ist die Verwaltungsleitung fast wie eine Berufung: "Ich brenne für diesen Job." 

Als Lösungsvorschlag für die Zukunft wird häufig auch die Abschaffung oder Lockerung des Zölibats ins Feld geführt. Er wisse um die Probleme mit dem Zölibat, hat Papst Franziskus einmal gesagt, es gebe aber insgesamt wichtigere Probleme. Eine grundsätzliche Befassung mit diesem Thema ist aber nicht ausgeschlossen. Sollte sich etwas an der priesterlichen Lebensform ändern, würde sich dadurch auch das Priesterbild insgesamt verändern, erklärt domradio.de-Theologieredakteur Jan Hendrik Stens. Debatten über den Zölibat darüber verlaufen häufig hitzig und sind kirchenpolitisch Teil von Richtungskämpfen, ebenso wie die Forderung der Weihe von Frauen zu Priesterinnen oder Diakoninnen. Während die Priesterweihe für die Frauen von Papst Franziskus klar ausgeschlossen wurde, hat dieser eine vor allem historisch arbeitende Kommission eingerichtet, um die Rolle von weiblichen Diakonen in der Kirchengeschichte zu untersuchen. 

"Gemeinsam mit dem Volk Gottes unterwegs sein"

Was das für die Zukunft des Priestertums und vor allem der Ausbildung bedeutet, hat Hartmut Niehues berichtet. Der Regens des Münsteraner Priesterseminars hatte vor einem Jahr für bundesweites Aufsehen gesorgt mit seiner Bestandsaufnahme, dass das System der Ausbildung, wie es bis dato besteht, "am Ende" sei. Das enorme Echo, sowohl kritisch als auch bestärkend, habe ihn überrascht, erzählt er domradio.de. Auch in Zeiten von Priestermangel gelte aber, dass es der falsche Weg sei, die Anforderungen an die Priesterausbildung zu senken, damit mehr Kandidaten geweiht werden könnten. Niehues ist aber nach wie vor davon überzeugt, dass sich das Priesterbild grundlegend verändern werde. "Gemeinsam mit dem Volk Gottes unterwegs zu sein. Für das Volk Gottes und mit dem Volk Gottes für die Welt da zu sein, das wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten unser Priesterbild bestimmen." Es sei die Aufgabe der Priester, "den Menschen zu zeigen, dass Gott auch in ihrem Leben ganz konkret wirkt." Deshalb seien insbesondere Begegnungen mit Menschen, die von Glauben und Kirche nicht mehr viel wissen, eine Chance. Es brauche dafür aber eine neue Art der Verkündigung. "Wo Menschen nicht mehr mit Gott in ihrem Leben rechnen, rechnen sie auch nicht damit, dass Gott zum Beispiel durch die Sakramente in ihrem Leben handelt." 


Quelle:
DR