Wort des Bischofs

Kinderarmut – ein trauriger Dauerzustand

Nach einer aktuellen Studie lebt jedes fünfte Kind in Deutschland abgehängt in Armut. Für Kardinal Woelki ein Umstand, mit dem sich die Gesellschaft nicht abfinden sollte. Gerade Christen seien gefragt, sich gegen diesen Dauerzustand zu stemmen.

 (DR)

"Wer hier in Deutschland arm ist, der ist es doch selber schuld!" Bei mir stellen sich die Haare zu Berge, wenn ich solche Stammtischparolen höre. Was können z.B. Kinder dafür, wenn sie in armen Verhältnissen geboren werden? Armut bedeutet hierzulande für Kinder meistens nicht, dass sie kein Dach über dem Kopf haben oder kein Essen. Armut sieht für diese Kinder anders aus: Sie werden dann an den Rand gedrängt, haben kein Geld für den Kinobesuch oder keinen Computer mit Internetzugang. Auf viele Dinge, die für andere Kinder und Jugendliche ganz selbstverständlich sind, müssen rund 21 Prozent der Kinder verzichten.

Nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung lebt somit jedes fünfte Kind in Deutschland abgehängt in Armut. Das Schlimmste daran ist: Kinderarmut ist bei uns ein Dauerzustand. Wer erst gesellschaftlich abgehängt ist, der bleibt es. Einmal arm bedeutet dann immer arm. Kinder aus ärmlichen Verhältnissen haben bei uns in den Schulen nachweisbar schlechtere Chancen und bleiben so von Anfang an auf der Strecke. Besonders betroffen sind Kinder Alleinerziehender, Kinder mit vielen Geschwistern oder Kinder geringqualifizierter Eltern.

Mit dieser Situation können wir uns nicht einfach abfinden. Kinderarmut darf bei uns doch kein Dauerzustand sein! Das Wort Jesu, "was ihr dem Geringsten meiner Schwestern und Brüder getan habt, das habt ihr mir getan!", gilt hier ganz besonders. Christen haben also den Auftrag, diesen Kreislauf der Dauerarmut bei unseren Kindern zu durchbrechen. Ich bin dankbar für all die Hilfe und gerade auch die vielfältige gute Bildungsarbeit, die versucht, hier gegenzusteuern. Ich – und jeder von uns muss sich darüber hinaus aber auch fragen lassen, ob wir nicht noch mehr tun können. Denn es geht um unsere Kinder und damit um unsere Zukunft!

Ihr Rainer Woelki
Erzbischof von Köln


Quelle:
DR