"Glück ist für mich ein Hirnzustand", sagt Bestsellerautor Philipp Möller, "ein neurochemischer Zustand, der mit dem Ausstoß von bestimmten Botenstoffen zu tun hat". Glück - ein Zustand, der sich im Gehirn auslösen läßt, zum Beispiel durch Medikamente? Und wie ist das dann mit der Liebe? Ist auch die neurologisch identifizierbar? Können wir auch die Liebe auslösen, indem wir die für die Liebe zuständigen Hirnregionen künstlich stimulieren? "Ich befürchte, ja", Philipp Möller lacht, "ich habe letztens gelernt, dass die heutige Partydroge MDMA ursprünglich zur Paartherapie eingesetzt wurde, weil MDMA die Leute dazu bringt – und da geht es gar nicht um Sexualität - ganz starke Liebesgefühle zu entwickeln. Wir wissen von Untersuchungen an Tieren, dass das Hinzufügen eines Botenstoffes im Gehirn dafür sorgt, dass eine Maus sich in die nächstbeste vorbeikommende Maus verliebt."
Was das nun mit der Existenz und den Glauben an Gott zu tun hat? Ganz einfach: auch der Glaube lasse sich in bestimmten Gehirnregionen lokalisieren und künstlich stimulieren, sagt Philipp Möller: "Ich finde die Akzeptanz, dass all unsere Wünsche, all unsere Vorstellungen, all unsere Hoffnungen und auch unser Glaube das Ergebnis von neurochemischen Prozessen sind, die in unserem Hirn stattfinden, die das Ergebnis sind von einer unüberschaubaren Komplexität aus unserer Biografie und Biologie, das finde ich überhaupt nicht schlimm",sagt der Atheist Möller. Nicht schlimm, aber vielleicht desillusionierend? Wobei Möller auch damit kein Problem hat, wenn er als Enttäuscher Täuschungen entlarvt, die den Menschen unvernünftig machen. Aber wäre der neurologisch entschlüsselbare Mensch nicht grenzenlos berechenbar. Keine Geheimnisse, keine Wunder, nichts Übersinnliches würde ihn verzaubern, weil alles durch Botenstoffe manipulierbar ist? Physik statt Metaphysik, fordert Philipp Möller. Und deswegen gibt es für ihn auch keinen Gott. Die überprüfbaren Naturwissenschaften sind sein Maßstab der Welt, Biologie und Chemie machen den Menschen aus.
Wenn nur noch Zahlen und Figuren / sind Schlüssel aller Kreaturen
Aber so ganz ohne Glauben scheint der Mensch nicht klarzukommen. Yogaproheten, buddhistische Kalender oder Heilpraktikerboom. Wohin man auch schaut, die Menschen glauben. "Wir haben natürlich eine Art Synkretismus vor unserer Nase", weiß auch Möller, "ein bisschen Buddhismus zum Aufstehen, zu Weihnachten tauchen die U-Boot-Christen dann in der Kirche auf, und wenn es um Yoga geht, dann fährt man auch mal nach Indien und verpestet dabei noch die Umwelt mit dem Flugzeug. Auch damit kann ich nichts anfangen, denn ich bin kein gläubiger Mensch",sagt er. Also alles nur technische Trickserei, alles erklärbar – durch Wissenschaften, durch die Hirnforschung?
Phillip Möller glaubt nicht an nichts, das bestreitet er energisch, denn auch das wäre nur ein Glaube. Er glaubt einfach nicht, denn der Glauben macht für ihn keinen Sinn, weil er in die Irre führt. Was man nicht beweisen und überprüfen kann, existiert für ihn einfach nicht. Und wenn ihn die Liebe überfällt, was ist dann? Glaubt er auch nicht an die Liebe? "Daran muss ich nicht glauben",sagt er, "ich empfinde die Liebe, ich spüre die Liebe, ich betrachte die Liebe als ein wunderbares aber nicht als ein übernatürliches Phänomen". Aber wer steuert die Empfindungen, das Gespür - die Liebe? Sind das nur Botenstoffe? ´Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren, sind Schlüssel aller Kreaturen … . Wenn die so singen oder küssen, mehr als die Tiefgelehrten wissen,´ dichtete einst Novalis.
Also noch ein Versuch, den Gottesleugner zu überzeugen. Wie ist das mit dem Wunder der Schöpfung, Gottes Schöpfung? Machen wir einen Ausflug in Gottes freier Natur. "Herr Möller, schauen sie die Sterne – und den von Bethlehem ´Lichter als der Tag". - "Wenn ich unter dem Sternenhimmel stehe und in die Unendlichkeit des Universums schaue", schwärmt auch Philipp Möller, "dann finde ich es viel faszinierender darüber nachzudenken, wie unendlich dieses Universum ist, wie klein und bedeutungslos wir sind – und viel faszinierender finde ich diese Unendlichkeit ohne Gott". – "Vor dieser Unendlichkeit Gottes falle ich in Demut auf die Knie", antworte ich. "Sehen sie – und ich falle auf den Hosenboden", sagt Möller. Und so geht die Diskussion weiter. Ein Streitgespräch auf den Knien oder auf dem Hintern, ein Streitgespärch, das lohnt, auch um herauszufinden, wo man eigentlich selbst steht? Welche Worte wir für unseren Glauben oder für unsere Gottlosigkeit finden? Denn es ist doch spannend Gott zu bestreiten oder zu bekräftigen, spannender jedenfalls als ihn gar nicht wahrzunehmen, oder?