Wort des Bischofs

Mein Gott – ein Esel?

Palmsonntag: Der kommende Friedensfürst zieht nicht etwa auf hohem Ross in Jerusalem ein, nein, er reitet auf einem Esel. Eine klare Botschaft, meint Kardinal Woelki.

 (DR)

Mein Gott, was bin ich für ein Esel! Haben Sie sich das auch schon mal gedacht? Immer wenn wir uns ziemlich blöd angestellt haben, dann kommt uns der dumme Esel in den Sinn. Schon damals vor 2000 Jahren war das nicht anders. Der Esel, der war ein genügsames, ein einfaches Lasttier. Grau – ohne Glanz und besondere Fähigkeiten. Und auf genau so einem Esel zieht Jesus in Jerusalem ein. Heute am Palmsonntag erinnern Christen überall auf der Welt an diesen Einzug, der ein mickriger Triumphzug gewesen sein muss. Kein stolzer König hoch zu Ross, kein gewaltiger Kriegsanführer und mächtiger Herrscher, für den man eigens den roten Teppich ausrollt.

Aber damals wie heute verstehen wir so die Botschaft Jesu. Da kommt eben kein weltlicher Machthaber. Jesus macht ganz deutlich: Mein Reich, das ist nicht von dieser Welt. Ich komme nicht mit Macht und Herrlichkeit, sondern mit einer Botschaft der Liebe. Wer bei Euch groß sein will, der muss Euer Diener sein, muss der Freund aller sein. Der Esel unterstreicht diese Botschaft: Denn ein Esel symbolisiert auch Demut und Hilfsbereitschaft und Gerechtigkeit. Doch schon damals haben die meisten Menschen Jesus nicht verstanden. Seine Botschaft, die war einfach zu verrückt. Liebe, die stärker ist als Tod und Gewalt? Wie soll das denn funktionieren? Was für ein Esel, dieser Jesus aus Nazareth. Kein Wunder, dass er mit seiner radikalen Botschaft der Liebe schon wenig später ans Kreuz geschlagen wurde. In Rom ist heute noch ein Graffiti aus der Zeit der christlichen Anfänge zu sehen: Es zeigt den Gekreuzigten mit einem Eselskopf. Neben dem Kreuz steht eine Person, und darunter steht: "Alexameos – betet Gott an." Ich bin dem Esel, der damals diese Botschaft an die Steinwand gekratzt hat, dankbar. Bis heute werden Christen so an Jesus und an seine Botschaft der Liebe erinnert.

Ihr Rainer Woelki
Erzbischof von Köln