Vor zwei Jahren standen wir schon einmal hier. Drei junge Syrer, denen die Flucht aus Aleppo gelungen war, telefonierten von der Wallfahrtsbühne aus mit ihrer Mutter, die gehbehindert mit einer weiteren Tochter in Aleppo ausharrte. Alle Pilger hörten die Stimme der Mutter und im Hintergrund das Knattern der Maschinengewehre aus dem Krieg.
Plötzlich hatte der Krieg im fernen Aleppo das Gesicht dieser zerrissenen Familie. Danach haben die Kevelaerer wochenlang und öffentlich für den Frieden sturmgebetet. Davon und von der Familie, der im Februar dann endlich der Familiennachzug gestattet wurde, habe ich hier immer mal wieder erzählt.
Das Wallfahrtskomitee lädt die ganze Familie zur Friedenswallfahrt ein. So kann ich den Friedenspilgern zur Eröffnung der Wallfahrt, die sich Rupert Neudeck ausgedacht und ich als Moderatorin geerbt habe, eine Überraschung für das Ende ankündigen.
Zur Mitte des Pilgerweges auf dem Kapellenplatz, erinnere ich an diese Überraschung und zeige von den Stufen vor der Basilika auf die beiden syrischen Geschwister, die vor zwei Jahren dabei waren. Ein Raunen geht durch die Menge.
Zur Friedenswallfahrt gehört jedes Jahr ein Künstler. Dieses Jahr begleitet der Aktionskünstler Rainer Bonk die Pilger mit seinen leuchtend blauen Friedensschafen: blau wie der Himmel, die Blauhelme der UN und der EU Flagge. Die Schafe haben schon in 160 Städten der Welt vom Frieden erzählt, hier in Kevelaer lässt der Blauschäfer seine Schafe an den Stationen der Wallfahrt weiden. Die Botschaft seiner Friedensherde: Alle sind gleich, jeder ist wichtig.
Als Schafe und Pilger an der Stele ankommen, erzähle ich noch einmal mit den beiden Geschwistern, denen die Flucht zuerst gelungen war, von den toten Mitschülern in der Schule der Jüngsten und der Trennung der Familie. Als ich dann Mutter und Tochter zu mir bitte, schließen sich der Familienkreis und der zum Telefonat in den Krieg von derselben Stelle.
Keine Worte können ausdrücken, was die Zuflucht im Frieden für die Familie bedeutet. Alle anderen im Kreis begreifen, das Motto der Friedensschafe ist wahr: Alle die hier stehen sind gleich und jeder der hier steht ist wichtig.
Frieden kommt, wenn wir damit ernst machen. Alle sind gleich sind gleich. Jeder ist wichtig.