Es ist eine seiner letzten Handschriften: "Nun sind alle Türen zugeschlagen und ich sitze in einer kleinen Zelle am Ende meines Lebens und gleichzeitig schenkte mir Gott mit dieser kleinen Zelle den größten Raum der inneren Freiheit, denn der Galgen ist für mich die Tür zum Licht des lebendigen Gottes."
Alfred Delp ist zum Tode durch den Strick verurteilt worden. Das Urteil: Hochverrat. Sein Einsatz für den Widerstand gegen die NS-Diktatur macht ihn zur Zielscheibe. Ebenso wie sein Glaube. Noch im Gefängnis legt er sein letztes Gelübde ab und tritt endgültig 1944 dem Jesuiten-Orden bei. Er wäre freigelassen worden, wenn er das nicht getan hätte.
Streit zwischen den Konfessionen
Alfred Delp wird am 15. September 1907 in Mannheim geboren. Als ältester Sohn einer später achtköpfigen Familie. Die Eltern - ein protestantischer Lohnbuchhalter und eine katholische Köchin. Seine Kindheit ist immer eine Gradwanderung zwischen den Konfessionen. Er wird katholisch getauft. Später auf einer evangelischen Volksschule konfirmiert. Nach einem Streit mit dem Pfarrer meldet er sich selbst mit 13 Jahren zur Erstkommunion an.
Alfred fällt schon früh auf. Durch sein Temperament, seinen schnellen Verstand, sein übermütiges Lachen. Er ist sportlich, groß und in der Jugendbewegung engagiert. Nach dem Abitur beginnt er das Noviziat und später das Theologiestudium. Zum Priester wird er 1937 in St.Michael in München geweiht.
Zwei Jahre später erklärt Adolf Hitler Polen den Krieg. Da arbeitet Alfred mit 31 Jahren als Redakteur. Bei der Jesuitenzeitschrift "Stimmen der Zeit". Er schreibt gegen die NS-Ideologie. Gegen Rassenlehre und Euthanasie-Programme. Für Menschenrechte. Für ein Leben mit Gott.
Ab 1942 im Widerstand: "Kreisauer Kreis"
Alfred Delp hilft verfolgten Juden und rettet Menschen aus zerstörten Häusern. Doch er will mehr als nur ein Helfer sein. Er will ein Denker, ein Teil des Fortschritts, sein. Sein Jesuitenoberer schickt ihn 1942 in den Widerstand. Nach Schlesien.
Dort treffen sich Sozialdemokraten, Konservative, Arbeiter, Protestanten und Katholiken an einem Tisch. Sie alle kommen nach Kreisau auf das Landgut von Helmut James Graf von Moltke. Nicht weniger als eine neue Ordnung wollen sie erschaffen. Für ein Deutschland nach Adolf Hitler. Wie muss eine Demokratie aussehen? Woran ist die Weimarer Republik in den 20er Jahren wirklich gescheitert? Wie sollte Arbeit und Wirtschaft organisiert sein?
Die Vereinigung, eine Art Denkfabrik, wird später "Kreisauer Kreis" genannt. Der Jesuit Alfred Delp soll die katholische Soziallehre einbringen. Er denkt an eine Gesellschaft, die auf dem Christentum aufbaut. Sittlich und religiös. An eine Neugestaltung Europas im christlichen Geist.
Festnahme und Folter durch Gestapo
Zwei Jahre tagt der "Kreisauer Kreis". Dann kommt der 20. Juli 1944. Ein Attentat auf Adolf Hitler scheitert. Mitglieder des "Kreisauer Kreises" wussten von den Plänen des Offiziers Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Alfred Delp wohl nicht. Trotzdem wird auch er verhaftet. Am Morgen des 28. Juli 1944. Direkt nach dem Morgengottesdienst. Er kommt in das Gestapo-Gefängnis Berlin-Moabit. Und später in die Haftanstalt Berlin-Tegel.
Er wird gefoltert und lebt die nächsten Monate in Fesseln. Aber er schreibt: "Mein Freund Helmut James Graf von Moltke, ich danke dir. Für dein Beispiel der Unermüdlichkeit trotz der miserablen Lage und trotz der körperlichen Beschwerden."
Insgesamt werden acht Mitglieder des Kreisauer Kreises verhaftet. Ihnen allen wird der Prozess gemacht. Doch das Urteil stand schon vorher fest. Alfred Delp schreibt an seine Schwester: "Es war eine reine Sache gegen den Herrn Gott und den verteidige ich."
Viele Handschriften konnten gerettet werden
Am 02. Februar 1945 feiert Alfred Delp ein letztes Mal im Gefängnis die Messe. An Mariä Lichtmess. Der Jesuit wird mit 37 Jahren hingerichtet. Drei Monate später ist der Zweite Weltkrieg beendet.
Die Worte von Alfred Delp bleiben und erinnern: "Es sollten einmal andere besser und glücklicher leben dürfen, weil wir gestorben sind."