Fastenimpuls von Schwester Katharina

Finger in Wunden legen

Schwester Katharina schämt sich und hat Zweifel angesichts der immer neuen Meldungen zum Missbrauch in der Kirche. "Diese Kirche ist auch meine Kirche", sagt sie und hofft, dass auch jeder Einzelne Wunden heilen kann, wenn auch nur kleine.

 (DR)

Es geht um Macht und Ohnmacht und um lebensfördernden Umgang mit Grenzen und Macht: In den letzten Monaten haben wir die erschütternden und beschämenden Dinge über sexuellen Missbrauch, aber auch über Machtmissbrauch in unserer Kirche gehört. Es vergeht kaum ein Tag, an denen nicht neue Dinge ans Licht kommen und ich selber immer wieder schauen muss, dass ich vor lauter Fremdschämen an meiner Kirche den Glauben an Gott, an Jesus Christus und seine Kirche nicht verliere.

Ich merke, dass ich hellhöriger werde für Formulierungen und Texte, für Gebete und Fürbitten, für Verlautbarungen und Vorschriften. Und manchmal wundere ich mich, warum mir nicht schon viel früher Dinge aufgefallen sind, die ziemlich deutlich das Machtprinzip der Männer in der Kirche aufgezeigt haben.

Trotzdem bleibe ich bei dem, was mich seit Jahrzehnten durch Krisen und Erschütterungen trägt. Diese Kirche ist auch meine Kirche. Ich bin als getaufte Christin ein Teil dieser Kirche. Sie ist so gut oder so schlecht, wie ich bin. Die Kirche wird sich bessern, wenn ich als Teil dieser Kirche mich bessere. Daran geht meiner Meinung nach kein Weg vorbei.

Manchmal scheint es einfacher zu sein, still zu sein, zu ertragen, zu beten, das eigene zu tun und auf gute Ideen der Kirchenoberen zu hoffen. Aber wichtiger scheint mir doch, immer wieder mein eigenes Denken und Tun anzuschauen und gut zu reflektieren. Meine Position nicht zu missbrauchen, aber meinen Einfluss gut zu nutzen, Finger in Wunden legen und zur Heilung verhelfen.

Es ist gut, dass sich viele Menschen in meinem Umfeld erlebe, die bei allen Schwierigkeiten mit dieser Kirche den Mut nicht verlieren, sich weiterhin engagieren und wissen: Durch mein, wenn auch noch so selbstverständliches und vielleicht auch kleines, Tun und Helfen wird das Evangelium verkündet und an einer kleinen Stelle eine Wunde heilen können.


Sr. Katharina Hartleib beim Beten  / © Martin Biallas (DR)
Sr. Katharina Hartleib beim Beten / © Martin Biallas ( DR )
Quelle:
DR