Mit der Coronakrise kamen die Erklärungen: Wir alle bekamen erklärt, warum wir beim Händewaschen zweimal Happy Birthday singen sollen, Eltern bekamen erklärt, wie sie plötzlich Schule von zu Hause stemmen sollen und Ratschläge für Menschen im Homeoffice wie mich, gab es auch zu Hauf.
In einem der vielen Artikel über Struktur und klare Arbeitszeiten im Homeoffice stand ein kleiner, unscheinbarer Satz: „Und wenn es nur bis zum Briefkasten ist, gehen Sie weiter zur Arbeit.“
Ich staunte. Wie genial. Wie einfach! Denn, na klar, für das Gehirn und damit für unsere ganze Haltung, ist es von entscheidender Bedeutung, wie wir etwas nennen oder womit wir etwas assoziieren.
Ob ich bei „Sonne“ an Hautkrebs oder an Strandurlaub denke – macht einen ähnlich großen Unterschied, als ob ich morgens denke: ich gehe mit dem Hund. Oder eben: ich gehe zur Arbeit.
Seit Wochen gehe ich also morgens erst mit dem Hund und dann zur Arbeit. Und nachmittags oder abends, versuche ich wieder von der Arbeit nach Hause zu gehen.
Zugegeben, manchmal nur symbolisch, wenn ich nur die Treppe von meinem Schlafzimmer, in dem mein Schreibtisch steht, hinunter, nach Hause, zu Küche und Wohnzimmer gehe. Aber ich staune, selbst das hat einen Effekt.
Heute ist der Tag der Arbeit, der Tag der Gewerkschaften, der Tag der Solidarität und der Tag der großen Demonstrationen. Die fallen dieses Jahr natürlich aus.
Protest kann nur im Internet stattfinden, wie symptomatisch für die neue Arbeit! Die Coronakrise, verlegt, vom Onlinehandel bis zum Homeoffice, die Arbeit ins Internet.
Im Homeoffice ist jeder und jede von uns mit sich alleine, muss selber klarkommen.
Vielleicht ahnten das die Gewerkschaften. Ihr diesjähriges Motto: solidarisch ist man nie allein, hat schon Monate vor Corona festgestanden, könnte aber nicht besser passen.
Denn niemand von uns kommt alleine klar. Ich z.B. brauche andauernd Freunde oder Dienstleister, die mir aus meiner Techniknot helfen. Nur mit ihnen kann ich meine Arbeit online und von zu Hause weitermachen.
Wenn wir heute, am Tag der Arbeit in der Coronakrise verstehen würden, dass wir nur gemeinsam, in diesem Fall nur gewerkschaftlich, Arbeitsbedingungen verbessern, z.B. damit auch die Menschen in den Pflegeberufen nicht nur systemtragend sind, sondern auch so bezahlt würden – dann wäre das wunderbar.