Morgenimpuls von Schwester Katharina

Gott kommt runter in unser Chaos

Bei den chaotischen Proben für das diesjährige Krippenspiel muss Schwester Katharina schmunzeln. Vor unserem inneren Auge haben wir immer eine sanfte Maria, einen fürsorglichen Josef und einen strahlenden Engel, meint sie. Auch damals in Bethlehem sei alles andere als eine gemütliche Geschichte gewesen.

Krippenlandschaft mit der Heiligen Familie / © Romolo Tavani (shutterstock)
Krippenlandschaft mit der Heiligen Familie / © Romolo Tavani ( shutterstock )

In der letzten Woche haben wir mit einigen Kindern einer Wohngruppe ein Krippenspiel eingeübt. Und da war vieles einfach anders. Die Darstellerin des Josef hatte überhaupt keine Idee, wie sie das spielen sollte. Sie hat den Text gelernt und ihn immer in größter Eile herunter gerasselt. Wenn sie eine Geste darstellen sollte, also Maria unterhaken und sie führen oder ihr eine Flasche zu trinken reichen, war das alles schnell und eilig und emotionslos. 

Nicht anders war es mit der Darstellerin der Maria. Sie war aufgedreht und übermotiviert, hat die Babypuppe umher geworfen und ist über ihr viel zu langes Kleid, das sie unbedingt anziehen wollte, gestolpert. Bei den Dialogen mit Josef hat man beim dritten Versuch gemerkt, dass die genervt war von den dummen Fragen dieses Josef und hat kurzerhand das Kommando selbst übernommen. 

Der Engel war zart und süß und konnte sich den Text nicht merken und hatte jedes Mal eine andere Version des Textes parat und fand auf alle Fälle ihre Flügel und das weiße Kleid einfach super. Bei aller Anstrengung, dieses Krippenspiel irgendwie hinzubekommen, musste ich immer wieder schmunzeln und habe so gedacht: Wir haben unsere Vorstellungen vom Geschehen in der Heiligen Nacht, also wir katholischen und evangelischen Christen, und haben vor unserem inneren Auge immer eine sanfte Maria, einen fürsorglichen Josef und einen strahlenden Engel mit der besten Botschaft der Welt. Aber das Geschehen damals in Bethlehem war alles andere als eine gemütliche Geschichte. 

Nach unseren über die Jahrhunderte geprägten Vorstellungen, da waren Tausende Menschen unterwegs wegen der Befehle des Kaisers und nichts und niemand hatte die Chance, dem zu entkommen. Rücksicht auf junge Familien, Schwangere, alte Leute oder Kranke nahm niemand. In ihrem ganzen Durcheinander ist mehr als ein Kind wahrscheinlich geboren und es werden bei weitem nicht alle überlebt haben. Wenn wir Bilder vom Chaos in den Flüchtlingslagern der Welt, im Kopf oder in den Nachrichten haben, passt das wohl besser in die damalige Realität. 

Ich denke, wir können diesen Advent und dieses Weihnachtsfest viel besser feiern und verstehen, wenn wir uns von den gemütlichkeitsgeprägten Vorstellungen lösen und daran zu denken versuchen, worum es eigentlich geht. Gott kommt runter in unser Chaos. Und nein, er räumt nicht auf wie ein Diktator und verwandelt auch nicht alles in einem Zauberstreich in heile Welt. Er kommt, um bei uns zu sein und uns zu begleiten. Durch alle Pandemien und alle Verrücktheiten unseres derzeitigen Seins. Fasset Mut und habt Vertrauen ist eher die Zusage, die für uns gesagt ist. Bald wird kommen unser Gott. Und auch das wird wie bei den Kindern beim Krippenspiel ganz anders sein, als wir uns das vorstellen können.


Quelle:
DR