Kurz vor der Jahreskonferenz der Southern Baptist Convention hat ein Briefwechsel zweier Führungspersönlichkeiten neue Details im Umgang mit sexuellem Missbrauch der größten protestantischen Kirche der USA zutage gebracht. Aus zwei Schreiben des scheidenden Vorsitzenden der Ethik-Kommission, Russel Moore, an den derzeitigen Präsidenten der Südbaptisten (SBC), J.D. Greear, geht laut Informationen der "Washington Post" hervor, wie viele Kirchenführer Probleme ignorierten und sich Reformen widersetzten. Moore beklagt, mehrere Mitglieder des Exekutivkomitees hätten Aussagen von Missbrauchsopfern so verdreht, dass sexuelle Übergriffe wie "einvernehmliche Affären" erschienen.
Ein früherer SBC-Mitarbeiter, ein Missbrauchsopfer und ein Anwalt bestätigten die Details des Briefes. Was "hinter verschlossenen Türen" über Opfer von sexuellem Missbrauch gesagt worden sei, so Moore, sei viel schlimmer gewesen als alles, was die Mitglieder der Kirche wussten. Publik wurden die Briefe durch die Website "The Baptist Blogger", die in der Vergangenheit schon mehrfach interne Dokumente veröffentlicht hatte.
Moore wird nach seinem Ausscheiden aus der Kirchenführung die Chefredaktion des einflussreichen Magazins "Christianity Today" übernehmen. Seinem Rücktritt waren jahrelange Kontroversen mit dem Exekutivkomitee vorausgegangen. Dabei ging es neben dem Missbrauchsthema auch um die Haltung der SBC zum Frauenbild, zu Rassismus und zum Verhältnis zu Ex-Präsident Donald Trump. Die Debatten darüber hatten die Baptisten tief gespalten; einige hochkarätige Führungsmitglieder haben ihnen seit Bekanntwerden der Missbrauchsskandale 2019 den Rücken gekehrt. (kna)