"Ich bin kein Alt-Präses", pflegt Manfred Kock gern mit einem verschmitzten Lächeln zu sagen, "denn ich trinke Kölsch". Das Bonmot sagt viel über das Selbst- und auch das Kirchenverständnis des früheren rheinischen Präses und Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aus, der sich durch Bodenständigkeit, Humor und die Fähigkeit zum Ausgleich auszeichnet.
Am 14. September wird der gebürtige Westfale, der mit seiner Frau seit 50 Jahren im Rheinland lebt, 85 Jahre alt.
Gegen Wolfgang Huber durchgesetzt
Einer größeren Öffentlichkeit wurde Kock erst durch seine überraschende Wahl in das EKD-Spitzenamt im November 1997 in Wetzlar bekannt. Er setzte sich damals gegen den sechs Jahre jüngeren Berliner Bischof Wolfgang Huber durch, der vielleicht zuviel Ehrgeiz erkennen ließ (und dann erst 2003 zum Zuge kam). Kock war erst im Januar desselben Jahres ins Leitungsamt der Evangelischen Kirche im Rheinland gewählt worden - als Nachfolger des charismatischen, früh verstorbenen Peter Beier - und hatte nicht zuletzt durch seine Predigt im Eröffnungsgottesdienst der Wahl-Synode auf sich aufmerksam gemacht.
Nach dem Studium der Evangelischen Theologie in Bielefeld, Münster und Tübingen sowie seiner ersten Pfarrstelle in einer Bergarbeitergemeinde in Recklinghausen kam Kock 1970 als Jugendpfarrer des Evangelischen Stadtkirchenverbands nach Köln. Seine nächsten Stationen waren Gemeindepfarrer in Bocklemünd am nordwestlichen Stadtrand, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Nord und ab 1988 Stadtsuperintendent von Köln.
Mit seinen Vorstellungen von einer zeitgemäßen kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit machte er sich innerkirchlich nicht nur Freunde. Umstritten war eine bundesweit beachtete Kommunikationskampagne mit Werbeprofis unter dem Motto "Misch dich ein", die sich 1993 mit provozierenden Plakaten an kirchenferne Menschen wandte.
Gefragt, wie viele Menschen damals in die Kirche eingetreten seien, antwortete Kock ehrlich: "Wir haben nicht gezählt." Aber die Gemeinden seien lebendiger geworden. Gemeinsam mit dem Jesuitenpater Friedhelm Menneckes setzte Kock sich auch für eine Begegnung von Kirche und moderner Kunst ein. Nach dem Tod seines Freundes Beier ließ er sich mit 60 Jahren als Präses der zweitgrößten deutschen Landeskirche in die Pflicht nehmen.
Persönliche Beziehung zu Kardinal Lehmann
Ökumenische Zusammenarbeit ist Kock spätestens seit seiner Zeit in Bocklemünd selbstverständlich. Als EKD-Ratsvorsitzender verband ihn eine enge persönliche Beziehung mit dem damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Karl Lehmann. Das freundschaftliche Verhältnis der beiden entschärfte manche Streitfragen, bevor diese zu einem Problem werden konnten.
"Das hat dem Verhältnis unserer Kirchen gut getan", befand Kock selbst in einem Rückblick auf seine Amtszeit. Sozialpolitisch zogen die Kirchen an einem Strang, ebenso wie in bioethischen Fragen am Anfang und am Ende des menschlichen Lebens (was sich nach Kocks Amtszeit zum Teil ändern sollte). In diesen Fragen vertrat der Präses auch eine gemeinsame Linie mit dem Kölner Kardinal Joachim Meisner.
Vom ersten Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin ist Kock nach eigenem Bekunden vor allem der Schlussgottesdienst noch lebhaft in Erinnerung, den er gemeinsam mit Lehmann leitete. "Die Taufe als sakramentales Zeichen der Zusammengehörigkeit stand im Mittelpunkt.
Prediger und Referent
Und die symbolische Weitergabe des Wassers war für uns eine Bestätigung, dass unsere Kirchen eine gemeinsame Zukunft haben." Dies bedeute jedoch keine Gleichmacherei: "Wir haben zu lernen, das Anderssein des jeweils anderen als eine Bereicherung zu sehen."
In seinem Ruhestand mischt sich Kock inzwischen öffentlich nicht mehr in aktuelle kirchenpolitische Debatten ein. Als Prediger und Referent lässt er sich noch immer gewinnen, und als Gast der Synoden des Rheinlands und der EKD - solange diese vor Corona noch stattfinden konnten - war er ein gern gesehener Gesprächspartner. Auf seinen 85. Geburtstag freut er sich bei guter Gesundheit.