Wie wählen Menschen mit Behinderung?

Schablonen und CDs

Am 26. September ist Bundestagswahl. Wir sind alle dazu aufgerufen ein neues Parlament zu wählen. Aber wie funktioniert das für Menschen mit einer Behinderung? Ein Überblick über die verschiedenen Unterstützungsmöglichkeiten.

Wählen mit Behinderung / © Thomas Frey (dpa)
Wählen mit Behinderung / © Thomas Frey ( dpa )

Es sollte selbstverständlich sein, dass in der Bundesrepublik Deutschland alle volljährigen Bürgerinnen und Bürger wählen dürfen. Doch bis vor kurzem gab es über 85.000 Menschen, die von Bundestags-, Landtags- und Europawahlen ausgeschlossen waren. Menschen, die eine gesetzliche Betreuung in allen Angelegenheiten benötigen, und Straftäter, die in einer psychiatrischen Klinik untergebracht sind, waren bis 2019 vom Wahlrecht ausgeschlossen. Schon lange gab es Forderungen danach, die entsprechenden Paragrafen aus dem Bundeswahlgesetz zu streichen.

Seit 2009 gilt in Deutschland die UN- Behindertenrechtskonvention. Artikel 29 dieser Konvention besagt, dass Menschen mit Behinderung am politischen und öffentlichen Leben teilhaben sollen. Dazu gehört auch das Recht selbst zu wählen sowie die Möglichkeit gewählt zu werden. Das Bundesverfassungsgericht gab im Januar 2019 Institutionen wie dem Fachverband Caritas Behindertenhilfe und Pssychiatrie und der Lebenshilfe recht. Am 16. Mai 2019 wurde das Bundeswahlgesetz entsprechend vom Bundestag geändert. Nun dürfen wirklich alle volljährigen Bundesbürgerinnen und Bürger von ihrem demokratischen Grundrecht gebrauch machen und wählen.

Bürgerinnen und Bürger, die nicht lesen können oder durch eine Behinderung an der Stimmabgabe gehindert sind, können eine Wahlassistenz bestimmen. Diese Person können sie selbst auswählen. Die Assistenz darf keinesfalls die Wahl beeinflussen. Das heißt, sie darf nur technische Hilfestellung geben z.B. den Stimmzettel vorlesen. Bei Menschen, die in ihrer Bewegung eingeschränkt sind, darf sie das Kreuz an der entsprechenden Stelle auf dem Stimmzettel setzen, aber die wahlberechtigte Person muss der Assistenz klar sagen, welche Partei angekreuzt werden soll. Es ist auch möglich, dass die Assistenz den Wahlberechtigten oder die Wahlberechtigte mit Behinderung in die Wahlkabine begleitet. Bei der Briefwahl kann die Assistenz natürlich auch assistieren.

Wahl für blinde und sehbehinderte Menschen

Blinde und sehbehinderte Menschen können mit Unterstützung einer Assistenzperson wählen. Es gibt aber auch noch eine andere Möglichkeit. Vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband werden spezielle Wahlschablonen angefertigt. Seit der Bundestagswahl im Jahr 2002 werden diese Schablonen kostenlos an die Mitglieder des Verbandes herausgegeben. Dafür sind die jeweiligen Landesvereine des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes zuständig.

Die Wahlschablone ist aus Pappe gefertigt und wird für jede Wahl neu hergestellt, damit sie in der Größe zum jeweiligen Stimmzettel passt. Dort, wo die Felder zum Ankreuzen der einzelnen Parteien sind, befinden sich kreisrunde Löcher. Diese ausgestanzten Löcher sind gut fühlbar und zusätzlich schwarz umrandet, damit sie von sehbehinderten Menschen gut erkannt werden können. Neben den Feldern zum Ankreuzen befinden sich aufsteigende Nummern in Braille und tastbarer Schrift.

Der Stimmzettel wird in die Schablone eingelegt. Jeder Stimmzettel ist entweder in der rechten oberen Ecke gelocht oder ist schräg abgeschnitten. Auch die Wahlschablone ist in der oberen rechten Ecke schräg abgeschnitten, sodass der Nutzer oder die Nutzerin weiß, wie der Stimmzettel richtig eingelegt werden muss.

Zusätzlich zur Schablone gibt es Begleitmaterial in Form einer Audio-CD, in Brailleschrift oder in Großdruck. Dort werden der Aufbau und die Handhabung der Schablone sowie der Aufbau des Stimmzettels erklärt.

Wählen im Rollstuhl

Für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer sind ein barrierefreier Zugang zum Wahllokal und zur Wahlkabine notwendig. In jeder Wahlbenachrichtigung ist ausgewiesen, ob das jeweilige Wahllokal barrierefrei zugänglich ist und wo es Informationen zu barrierefreien Wahllokalen gibt. Ist das genannte Wahllokal nicht barrierefrei, kann die Person mit Mobilitätseinschränkung einen Wahlschein beantragen und ihre Stimme in einem barrierefreien Wahllokal im Wahlkreis abgeben.

Für Menschen mit geistiger Behinderung gibt es Informationen zur Wahl selbst und die Programme der einzelnen zur Wahl stehenden Parteien in leichter Sprache. Somit können sie sich selbstständig über alles Wichtige informieren. Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, sich den Stimmzettel und die Parteiprogramme von einer Wahlassistenz erklären zu lassen.

Nina Odenius


Wahlschablone / © Odenius (DR)
Wahlschablone / © Odenius ( DR )
Quelle:
DR
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