SPD gewinnt Bundestagswahl
Nach dem vorläufigen Ergebnis verbessert sich die SPD auf 25,7 Prozent (2017: 20,5 Prozent). Die CDU/CSU fällt auf 24,1 Prozent (32,9). Die Grünen klettern mit Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock auf 14,8 Prozent (8,9). Die FDP legt auf 11,5 Prozent (10,7) zu. Die AfD, bisher drittstärkste Kraft, kommt auf 10,3 Prozent (12,6), wird aber in Thüringen und Sachsen stärkste Kraft. Die Linke rutscht auf 4,9 Prozent ab (9,2). Da sie aber drei ihrer zuletzt fünf Direktmandate verteidigt, kann sie laut Grundmandatsklausel trotzdem entsprechend ihres Zweitstimmenergebnisses im Bundestag bleiben.
Overbeck: Wahlbeteiligung "reifes Zeichen der Demokratie"
Bereits am Wahlabend gab es unterschiedliche Reaktionen aus der kirchlichen Welt auf die Bundestagswahl. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck - ebenfalls Vizepräsident der EU-Bischofskommission COMECE, würdigt die Hohe Wahlbeteiligung. Overbeck im Gespräch mit DOMRADIO.DE: "Das hat sich in den letzten Wochen und Monaten, eigentlich seit Ende Juni, Anfang Juli und vor allen Dingen zunehmend noch nach der Flutkatastrophe, die uns in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz so sehr betroffen hat, deutlich gezeigt und ist ein positives, finde ich, reifes Zeichen der Demokratie, dass Politik im Sinne dessen, dass alle sich mit dem beschäftigen, was alle öffentlich angeht, ein großes Thema wird. Und von daher gesehen bin ich da über die über 70 Prozent hohe Wahlbeteiligung mehr als erfreut."
Sternberg: AfD-Ergebnis "beängstigend"
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) lenkt den Blick auf das starke Abschneiden der AfD. Im DOMRADIO.DE-Interview betont er: "Wenn sich die Prognose bestätigen sollte, dass die AfD tatsächlich zweistellig bleibt, dann ist das für mich schon kein gutes Zeichen. Und wenn ich dann sehe, dass in Mecklenburg-Vorpommern die AfD nach der Prognose zweitstärkste Kraft im Parlament wird, dann finde ich das schon doch auch beängstigend."
Jüsten: Wohl keine Veränderungen im Staat-Kirche-Verhältnis
Der Leiter des Katholischen Büros bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten, ist mit Blick auf die Bundestagswahlen zuversichtlich, dass es eine stabile Koalition geben wird. Es laufe auf das erwartete knappe Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Union und SPD hinaus, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Sonntagabend in Berlin in einer ersten Reaktion. Möglicherweise werde es bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen eine Mitgliederbefragung bei den jeweiligen Parteien geben. Der stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Kevin Kühnert habe das für seine Partei ja bereits angekündigt.
Er gehe davon aus, dass es bei den möglichen Konstellationen keine Veränderungen im Verhältnis von Staat und Kirche geben werde, sagte Jüsten weiter. Mit Blick auf den Lebensschutz könne es bei einer möglichen Koalition ohne die Union zu Veränderungen beim Werbeverbot für Abtreibungen kommen. Er bewerte es positiv, dass die AfD nach den bisherigen Hochrechnungen an Stimmen verloren habe. Der derzeitigen Bundesregierung dankte Jüsten für ihre Arbeit und beglückwünschte die in den Bundestag gewählten Abgeordneten.
Heße: Hohe Wahlbeteiligung stärkt Demokratie
Der Hamburger Erzbisschof Stefan Heße stellt die Wahlbeteiligung in den Mittelpunkt, wie das Erzbistum Hamburg am Sonntagabend in einer Pressemitteliung erklärte. Heße: "Ich freue mich über die hohe Wahlbeteiligung, die unter Coronabedingungen erzielt worden ist. Darin sehe ich eine Stärkung unserer demokratischen Gesellschaft. Von einer neuen Bundesregierung erwarte ich eine vorausschauende und die Menschenrechte aller achtende Migrationspolitik. Weg vom Reagieren im letzten Moment, hin zu mehr Struktur und weitsichtiger Planung – ganz im Sinne einer guten Geschwisterlichkeit der ganzen Menschheitsfamilie. Dazu gehört auch eine Schwerpunktsetzung in der Entwicklungspolitik. Eine nachhaltige und faire Entwicklungszusammenarbeit zum Wohle der Menschen weltweit muss weiterhin in einem eigenständigen Ministerium verwirklicht werden."
Zentralrat der Juden: Neue Regierung muss Extremismus bekämpfen
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zeigt sich angesichts der ersten Hochrechnungen nach der Bundestagswahl erleichtert. "Die demokratiefeindlichen Kräfte haben keine Mehrheiten erhalten", sagte Schuster am Sonntagabend in Berlin. Für die AfD sei sowohl bei den jüngsten Landtagswahlen als auch bei der Bundestagswahl ein Abwärtstrend zu erkennen.
Dennoch müsse die künftige Regierung den Kampf gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus verstärken, forderte der Zentralrats-Präsident. Das voraussichtlich zweistellige Abschneiden der AfD im Bund und in Mecklenburg-Vorpommern sei "ein deutliches Signal". Schuster: "Es muss das Ziel aller Demokraten bleiben, die AfD aus dem Bundestag und aus allen Landesparlamenten zu verbannen."
Themen wie die Bekämpfung von Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus hätten im Wahlkampf "leider eine untergeordnete Rolle gespielt", kritisierte er. Die neue Bundesregierung müsse sich diesen Herausforderungen stellen, "unabhänging von ihrer Zusammensetzung". Dazu gehöre etwa eine umfassendere Bekämpfung von Hate Speech im Internet. "Das Fundament unserer Demokratie wieder zu stärken und die Radikalisierung am rechten Rand zu stoppen, ist eine vordringliche Aufgabe der neuen Regierungskoalition", betonte Schuster.