Meine Heimatkirche in Thüringen ist eine St. Matthäus Kirche. Ich wusste über ihr aber als Kind und Jugendliche nicht so viel. Nur, dass da eine schöne, bunte Figur stand: Matthäus mit einem Buch und einem kleinen Engel. Aber das Leben des Matthäus war alles andere als niedlich, hübsch bunt und mit Engeln umgeben.
Es gibt Jobs, die sind nicht so angesehen - Müllmänner, Straßenreiniger, Putzfrauen, Servicekräfte und noch viele andere. Man braucht sie sehr, aber man schreibt ihnen nicht unbedingt positive Fähigkeiten und Eigenschaften zu. Zur Zeit Jesu in Palästina waren es die Zollpächter. Sie hatten quasi einen Job bei der Besatzungsmacht und trieben für sie die Steuern und Zölle ein.
Wahrscheinlich waren sie relativ gebildet und kannten sich mit Rechnungsstellung und Rechtschreibung aus. Damit sie besser leben konnten, sagte man ihnen wahrscheinlich nicht zu Unrecht nach, dass sie immer wieder betrogen haben, in ihre eigene Tasche gewirtschaftet und in kriminelle Machenschaften verwickelt waren.
Von der dortigen Bevölkerung wurden sie gemieden und geächtet oder für eigene Machenschaften genutzt. Und mitten hinein in seine gut gehenden Geschäfte kommt plötzlich Jesus. Er sieht Matthäus da sitzen und sagt zu ihm: Komm! Folge mir nach! Und im Evangelium steht dann der so lapidare Satz: "Und er stand auf und folgte ihm".
Wir können uns das Drama um diese kurze Szene gar nicht genug ausmalen. So einen Beruf, der Meister? Ausgerechnet den? Wie kann der nur? Und dann später, als Jesus auch noch mit ganz vielen Zöllnern und Sündern zusammensitzt und isst und seinen Kritikern sagt: "Ich bin nicht gekommen, die zu berufen, die ihr für die Richtigen haltet, sondern ich bin gekommen, um Sünder zu berufen, damit ihr lernt, was Barmherzigkeit wirklich bedeutet". Das hat gesessen, damals und auch heute.
Nicht die High Society in Kirche und Gesellschaft ist die Maßgebende für Jesus, sondern die, die sich selbst für viel zu klein, viel zu unbedeutend, mit viel zu wenig gesehenen Berufen und Fähigkeiten sehen oder die genau wissen, was sie schon so alles verbockt haben. "Komm, folge mir nach!", hören wir und gehören zu denen, denen Jesus mehr zutraut, weil er Barmherzigkeit und Vergebung nicht nur predigt, sondern auch lebt.