"Wenn wir alle zuhause waren, da dröhnte es durch alle Wände und Türen, wenn mein Vater die Schallplatten mit den Bruckner-Sinfonien auflegte", so erinnert sich die Komponistin, Musikpädagogin und Hochschullehrerin Adelheid Geck mit einem Lächeln in der Stimme an ihre ersten Erfahrungen mit der Musik von Anton Bruckner in ihrer Familie.
Die klanggewaltigen Sinfonien, die eindringlichen Chormotetten und die Messvertonungen des Österreichers begleiten sie nun schon durch ihr ganzes Leben. Für die heute 84-jährige war ab einem bestimmten Punkt klar, dass Bruckner mit seiner Musik die Menschen tief berührt und näher zu Gott führt. Diese Erfahrung machte die später zum Katholizismus konvertierte promovierte Schulmusikerin nicht nur mehrmals bei sich selber, sondern auch bei anderen Menschen.
Todestag jährt sich zum 125. Mal
Am 11. Oktober jährt sich der Todestag von Anton Bruckner zum 125. Mal. Seine insgesamt neun Sinfonien gehören mittlerweile längst zum Konzertrepertoire, doch tatsächlich dauerte es lange, bis sich der 1824 in Ansfelden in Oberösterreich geborene Komponist im Wien des späten 19. Jahrhunderts durchsetze.
Sein damals äußerst moderner musikalischer Stil und eine unterstellte musikalische Nähe zu Richard Wagner sorgten für ordentlich Gegenwind in Wien. Auch sein eigenartiges Verhalten, die Kleidung und Haarschnitt waren für die feine Wiener Gesellschaft Anlass für Irritationen. Ohne Frage bewundert hingegen war er als Orgelvirtuose und Professor für Musiktheorie, doch erst gegen Ende seines Lebens wuchs schließlich die Anerkennung für seine sinfonischen Werke.
Spiritualität zeigt sich auch in den Sinfonien
Auch in seinen Sinfonien zeigt sich seine tiefe Religiosität, davon ist Adelheid Geck überzeugt. Während ihres Musik-Studiums an der Berliner Musikhochschule zeigte ihr damaliger Lehrer Max Baumann, wo sich zum Beispiel Choral-Zitate in den Werken finden.
Bei ihrer späteren Tätigkeit in der Erwachsenenbildung erfuhr Adelheid Geck immer wieder, wie Menschen beim Hören der Werke Bruckners angerührt wurden: "Wenn man diese Besucher der Seminare beobachtet hatte und man sie mit diesem großartigen Werk konfrontierte, haben sie garantiert anders hingehört, weil sie merken, dass da eine ganz tiefe Glaubensüberzeugung am Werk war, eine kindliche Frömmigkeit."
Tatsächlich war Bruckner tief von der katholischen Kirche geprägt, als Kind war er Sängerknabe beim St. Floriansstift, wo er später Stiftsorganist wurde und schließlich Linzer Domorganist. Regelmäßig betete er, verneigte sich, wenn er an Kirchen vorüberging oder verbrachte viel Zeit im Inneren der Gotteshäuser. Seine letzte Sinfonie widmete er "dem lieben Gott", wie Zeitgenossen schildern.
Bruckner als Vorbeter
Für Adelheid Geck ist Anton Bruckner zum Vorbeter geworden, ein "Gefäß“ der göttlichen Botschaft. Ihre Erfahrungen und Eindrücke hat sie in einer spirituellen Biographie über Bruckner gesammelt.
Seit Jahren treibt sie auch mit diesem Buch die Initiative zur Seligsprechung des Komponisten voran, schrieb dafür einen Brief an den damaligen Papst Benedikt XVI. Unterstützung für die Aufnahme eines Seligsprechungsverfahren erfährt sie durch zahlreiche Rückmeldungen, berichtet sie.
Bis heute hätten sich über 100 Personen gefunden, die eine Seligsprechung befürworteten. Dazu gehören der ehemalige Würzburger Bischof und vormalige Kölner Weihbischof Friedhelm Hofmann wie der mittlerweile verstorbene ehemalige Regensburger Domkapellmeister Georg Ratzinger. Auch der Ehrenpräsident des Allgemeinen Cäcilien-Verbandes, Wolfgang Bretschneider, unterstützte die Idee bis zu seinem Tod 2021. Er schrieb Adelheid Geck in einem Brief: "Manchmal wundere und frage ich mich, warum dieser Mensch noch nicht heiliggesprochen worden ist.“
Eröffnet der Vatikan das Verfahren?
Die Liste mit den Unterstützern einer Seligsprechung hat Adelheid Geck der Internationalen Bruckner-Gesellschaft in Wien übergeben und hofft, dass damit eine mögliche Seligsprechung des Österreichers vorangetrieben wird. Für viele erfülle Bruckner durch sein Leben und sein Werk das "Bild eines heiligen Künstlers", so Geck. Sollte ihre Initiative Erfolg haben, dürfte Anton Bruckner der erste Komponist überhaupt sein, der selig- oder sogar heiliggesprochen wird.