Ein texanisches Berufungsgericht erklärte das Abtreibungsgesetz am Freitagabend (Ortszeit) auf Antrag des Bundesstaates für gültig - nachdem es erst am Mittwoch ein texanischer Richter vorübergehend gestoppt hatte. Die Regierung von Präsident Joe Biden hatte Klage gegen das seit Anfang September geltende und US-weit strengste Abtreibungsgesetz eingereicht.
Abtreibungsverbot auch nach Vergewaltigung und Inzest
Es verbietet alle Abbrüche ab der sechsten Schwangerschaftswoche, auch nach Vergewaltigung und Inzest. Ausnahmen sind nur für "medizinische Notfälle" vorgesehen. Viele Frauen wissen zu diesem frühen Zeitpunkt noch gar nicht, dass sie schwanger sind.
US-Justizminister Merrick Garland hält das Gesetz für verfassungswidrig, da es Frauen an der Wahrnehmung ihrer Rechte hindere. Zudem habe es hohes Schadenpotenzial, da es beliebigen Privatpersonen und Organisationen erlaube, Menschen wegen Beihilfe zu Abtreibung zu verklagen. Im Erfolgsfall haben Kläger Anspruch auf mindestens 10.000 Dollar. Garland kritisiert, so würden Menschen zu "Kopfgeldjägern" gemacht.
Abtreibungen in den meisten US-Bundesstaaten möglich
Das Tauziehen könnte am Ende vor dem Obersten US-Gerichtshof verhandelt werden. Auf Bundesebene ist seit 1973 das Grundsatzurteil "Roe gegen Wade" grundlegend. Damals entschied das Oberste Gericht, dass staatliche Gesetze, die Abtreibungen verbieten, gegen die US-Verfassung verstoßen. Seither sind in den meisten Bundesstaaten Abtreibungen fast uneingeschränkt möglich.
Laut diesem Urteil darf eine Frau die Schwangerschaft bis zum Zeitpunkt der Lebensfähigkeit des Fötus abbrechen, die damals mit der 28., heute etwa mit der 24. Schwangerschaftswoche angesetzt wird. Eine Rücknahme des Grundsatzurteils gehört zu den prominenten Forderungen der sogenannten Lebensrechtsbewegung. Seit 1974 veranstaltet sie zum Jahrestag des Urteils, dem 22. Januar, einen "March for Life" (Marsch für das Leben).