DOMRADIO.DE: Die Energiekosten explodieren, was geht Ihnen da mit Blick auf die ärmeren Haushalte durch den Kopf?
Marlene Potthoff (Projektleitung Bundesprojekt Stromspar-Check Aktiv der Caritas Deutschland): Gerade wenn man das jetzt immer wieder in den Nachrichten hört, kommen mir sofort unsere Haushalte in den Sinn, für die das zehn Prozent ihres durchschnittlichen Einkommens von 900 Euro im Monat bedeutet. Das ist für diese Haushalte einfach unheimlich viel. Normalerweise sind es fünf, sechs oder sieben Prozent. Das ist ein Riesenunterschied. Da ich viele dieser Haushalte kenne, weiß ich, was das für die bedeutet.
Vor allen Dingen, welche große Verunsicherung es für sie bedeutet, wie sie mit ihrem Geld hinkommen sollen und können.
DOMRADIO.DE: Die Caritas will mit dem Stromspar-Check seit vielen Jahren einen Beitrag leisten, einkommensschwachen Haushalten da zu helfen. Wie ist dieses Projekt entstanden?
Potthoff: Es ist als Idee in Frankfurt entstanden, zuerst gemeinsam mit dem Energiereferat der Stadt Frankfurt und dem Caritasverband Frankfurt. Es war die gleiche Situation. Damals 2005, als die ersten Ideen entstanden sind, stiegen auch die Energiepreise sehr stark an.
Unterstützung ist das eine, aber wir wollen auch Hilfe zur Selbsthilfe anbieten. Gleichzeitig war ja auch schon damals das Thema Klimaschutz in aller Munde und auch das Thema Energiesparen von hoher Bedeutung. Wie können wir das gut zusammenführen? Zusammen mit der Idee, langzeitarbeitslosen Menschen die Möglichkeit zu bieten, sich in diesem Bereich zu qualifizieren und diese Beratungstätigkeit auszuführen.
DOMRADIO.DE: Wir schauen mal, wie das funktioniert. Also deutschlandweit schickt die Caritas mit dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands Stromsparhelfer in die Haushalte. Was genau passiert dann bei diesem Check?
Potthoff: Wenn ein Haushalt uns anfragt, gehen wir mit zwei Stromspar-Helfern oder -Helferinnen direkt in den Haushalt. Anhand eines Erfassungsbogens nehmen wir alle energieverbrauchenden Geräte wie Kühlschränke, Herd, Warmwasserbereitung jedwelche Art auf. Wie wird das gemacht?
Neben dem Thema Stromsparen beraten wir auch zum Thema Wassersparen und auch zum Thema sinnvolle Heizenergienutzung. Also: Ist die Heizung mit Gardinen verhängt, steht das Sofa davor? Alle diese Tipps: Wie lüfte ich am besten? Wie bekomme ich die Feuchtigkeit aus dem Badezimmer heraus?
All das wird erfasst, aufgenommen, dann in eine Datenbank eingegeben, die errechnet, welche Soforthilfen - so nennen wir das - und energiesparenden Produkte sind für diesen Haushalt sinnvoll? Die werden dann bei dem zweiten Termin in den Haushalt gebracht, dort erläutert und direkt gemeinsam eingebaut. Das sind LED-Lampen, Steckerleisten, das kann ein Wasserspar-Perlator sein oder auch ein Duschkopf.
All die kleinen Möglichkeiten, mit denen eigentlich jeder von uns Energie sparen kann, das ist das, was wir in diese Haushalte bringen und mit ihnen gemeinsam beginnen zu starten.
DOMRADIO.DE: Wir sprechen von einkommensschwachen Haushalten. Wer kann jetzt konkret dieses Angebot in Anspruch nehmen?
Potthoff: Jeder Haushalt, der unter der sogenannten Pfändungsfreigrenze von 1.197 Euro liegt. Das können auch Rentner sein, die wenig Einkommen haben können. Das müssen nicht nur ALG II-Empfänger sein oder Transferleistungsempfänger. Es können Haushalte sein, die Kinderfreibeträge oder Wohngeld bekommen.
All diese Haushalte können diese Leistung in Anspruch nehmen. Es sind auch fast etwa 20 Prozent der Haushalte, für die das in der Bundesrepublik zutrifft.
DOMRADIO.DE: Dieses Projekt dehnt sich auch auf Langzeitarbeitslose aus, die noch ein anderes Angebot bekommen. Was steht da im Vordergrund?
Potthoff: Mit den Jobcentern gemeinsam bieten wir den Langzeitarbeitslosen an, in diesem Projekt im Rahmen der verschiedenen Beschäftigungsförderungsmaßnahmen nach Paragraf 16e oder auch sogenannten Arbeitsgelegenheiten tätig zu werden. Sie können bei ihrem Jobcenter Interesse an dem Projekt anmelden.
Dann werden die Interessierten an die Stromspar-Check-Standorte vermittelt. Es sind etwa 150 Standorte, von denen aus der Stromspar-Check in Deutschland durchgeführt wird. Dann bekommen Sie eine Schulung und können über die Zeit in dieser Beschäftigungsmaßnahme, in diesem Beruf - sage ich jetzt mal -, tätig werden. Dabei können sie sich mit diesem Thema beschäftigen und auch eine Qualifizierung für das Thema Klimaschutz erlangen, was gesellschaftlich sehr relevant ist und wo es in Zukunft neue Jobs geben wird.
Das Interview führte Carsten Döpp.