Zentralrat reagiert besorgt auf Zunahme antisemitischer Straftaten

"Traurige Gewissheit"

Die Polizei hat 2020 so viele judenfeindliche Angriffe festgestellt wie zuletzt im Jahr 2001. Das besorgt den Zentralrat der Juden, auch wenn laut Zentralratspräsident Josef Schuster "damit zu rechnen" gewesen sei.

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. / © Kay Nietfeld (dpa)
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. / © Kay Nietfeld ( dpa )

Für das vergangene Jahr seien "bisher insgesamt 2.275 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund" gemeldet worden, berichtet die Bundesregierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) und ihrer Fraktion. Bei 55 Delikten handelt es sich demnach um Gewalttaten, so dem Berliner "Tagesspiegel-online".

Die Polizei konnte laut Antwort der Bundesregierung 1.367 Tatverdächtige ermitteln. Fünf Personen seien festgenommen worden, Haftbefehle habe es keine gegeben. Die Zahl der Straftaten werde wahrscheinlich noch steigen, da die Polizei erfahrungsgemäß noch Delikte aus dem Vorjahr nachmeldet.

Radikalisierung der Gesellschaft schreitet voran

Der Zentralrat der Juden zeigte sich über die Entwicklung besorgt. "Angesichts der zahlreichen antisemitischen Vorfälle auf den Corona-Leugner-Demos im vergangenen Jahr und der Verschwörungsmythen im Netz war leider damit zu rechnen, dass die Zahl der antisemitischen Straftaten erneut steigt", sagte Präsident Josef Schuster der Zeitung. 

Jetzt sei das traurige Gewissheit. Die vorläufige Statistik zeige, dass die Radikalisierung der Gesellschaft voranschreite und der Respekt vor Minderheiten sinke, so Schuster.

Muss uns eine Warnung sein"

Mit Bestürzung reagierte auch der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, auf die Statistik judenfeindlicher Delikte. Der Anstieg "muss uns eine Warnung sein", sagte Klein der Zeitung.

Im Zuge der sogenannten Corona-Proteste seien Grenzen des Sagbaren verschoben, die Schoah relativiert und altbekannte antisemitische Hassbilder erneuert worden. Die Zunahme der Straftaten sei "ein deutliches Zeichen, dass die Demokratie sich besonders in Krisen wie der andauernden Pandemie wehrhaft zeigen muss". Der gesellschaftliche Zusammenhalt "misst sich gerade hier in Deutschland daran, wie fest wir gegen Judenhass zusammenstehen", mahnte Klein.

Aus Sicht der Polizei sind die meisten antisemitischen Delikte demnach rechten Tätern zuzuordnen. Islamistische, linke und anders motivierte Antisemiten seien in der Statistik nur eine kleine Minderheit. 

Quelle:
KNA