Damit ist nur noch die Hauptstadt mit ihren vier Millionen Einwohnern unter der Kontrolle der Regierung. Am Samstag Abend war Masar-i-Scharif, im Norden des Landes praktisch ohne Gegenwehr an die Taliban gefallen. In Afghanistans viertgrößter Stadt war das Hauptquartier der Bundeswehr, sie ist ein wichtiger strategischer Verkehrsknotenpunkt.
Damit stehen die Taliban vor den Toren Kabuls. Am Sonntag nahmen sie auch Kabuls Nachbarprovinz Wardak, westlich der Stadt, ein. Unter den Einwohnern der Hauptstadt breitete sich Panik aus. Die USA begannen noch am Samstagabend, die ersten Mitarbeiter ihrer Botschaft zu evakuieren. US-Präsident Joe Biden bewilligte ein weiteres Kontingent von 1.000 Soldaten, die einen ordnungsgemäßen Abzug der Amerikaner garantieren sollen.
Die Aufständischen kontrollieren nun fast alle der 34 afghanischen Provinzen. Hunderttausende Familien sind aus den vor den Taliban eingenommenen Gebieten des Landes nach Kabul geflohen. In den von den Aufständischen besetzten Gebieten häufen sich Berichte über Kriegsverbrechen. Die Vereinten Nationen appellierten an die Nachbarländer Afghanistans, ihre Grenzen für Bürgerkriegsflüchtlinge offenzuhalten.
Ende August will die USA ihren Militäreinsatz in Afghanistan nach fast 20 Jahren ganz beenden. Fast alle Militärbasen sind bereits an die afghanische Armee übergeben worden. Die letzten deutschen Soldaten verließen das Land im Juni.