Immer mehr Klöster sterben aus. Was aber tun mit den Immobilien? Abreißen oder erhalten? Und wer könnte die alten Gemäuer wiederbeleben? Viele Orden im deutschen Sprachraum müssen sich zurzeit mangels Nachwuchses mit solch schwierigen Fragen befassen. Ein Internetportal, das am Mittwoch im ehemaligen Franziskanerkloster im fränkischen Dettelbach vorgestellt wurde, soll dabei unterstützen.
Josefa Thusbaß (75) ist eine treibende Kraft hinter dem Projekt. "Dieses Wissensportal hätte ich auch gerne bei der langwierigen und komplexen Transformation unseres Klosters zur Seite gehabt", sagt die Generalökonomin der Missions-Dominikanerinnen in Schlehdorf. Aufreibende Jahre liegen hinter ihr.
Immer kleiner werdende Gemeinschaft
Schwester Josefa ist die zweitjüngste Missions-Dominikanerin am Kochelsee, der letzte Eintritt einer Novizin liegt 30 Jahre zurück. Schon länger war der schrumpfenden Gemeinschaft klar, dass sie sich in nicht allzu ferner Zukunft von der stattlichen, 300 Jahre alten Anlage würde trennen müssen.
2004 gaben die Schwestern ihre Realschule ans Erzbistum München und Freising ab. Früher oder später würde ihr Kloster folgen, davon gingen die Ordensfrauen jedenfalls aus. Bis sich diese Perspektive 2012 zerschlug. Was nun? Verkaufen oder verpachten? Und an wen?
Einen Käufer zu finden ist schwer
Eine Fabrik auf dem Gelände wäre für sie "entsetzlich" gewesen, sagt die Ordensfrau. Außer einem externen Immobilienberater hatte Josefa Thusbaß "keinerlei Unterstützung von kirchlicher oder sonstiger Seite". Zunächst rechnete sie auch kaum mit Interessenten, allein schon der Lage wegen, "irgendwo auf dem Land, ohne Zuganbindung nach München". Dann aber meldeten sich mehr als 40 potenzielle Käufer. Doch bei vielen gab es einen Haken.
Die einen scheuten vor den hohen Auflagen von Denkmal- und Brandschutz zurück; andere waren den Schwestern nicht geheuer. Einer sei während der Verhandlungen "immer aggressiver" aufgetreten und habe auch noch an Grundstücke herangewollt, die gar nicht zum Verkauf standen, erinnert sich die Schwester. "Bis wir die Reißleine gezogen und die Gespräche abgebrochen haben."
Kein Immobilienhai, aber auch keine Ahnenbeschwörung
Die Gemeinde Schlehdorf konnte sich vorstellen, in dem Kloster ein Altenheim zu errichten. "Letztlich ist es daran gescheitert, dass die Zimmer wenig behindertengerecht und die Gänge für die tägliche Arbeit des Pflegepersonals zu lang sind", sagt Bürgermeister Stefan Jocher. Was die Kommune aber keinesfalls wollte: einen Immobilienhai, der auf dem Klosterareal exklusive Eigentumswohnungen errichtet. Also wurden planerisch die Zwecke für die weitere Nutzung begrenzt: Kultur, Bildung, Gemeinschaftswohnen.
Bei aller Offenheit hatten die Schwestern schon noch eigene Vorstellungen. "Natürlich wollten wir verhindern, dass im Kloster Dinge praktiziert werden, die wir nicht gutheißen können", sagt die Generalökonomin. Esoterische Angebote wie "mit Ahnen sprechen" wären für sie nicht infrage gekommen. Deswegen wurden alle ernsthaften Interessenten intensiv auf ihre Absichten hin abgeklopft.
"Zukunft Kulturraum Kloster" soll zukünftig eine Hilfe sein
2018, die Schwestern waren bereits in einen altersgerechten Neubau umgezogen, kam die Münchner Wohnungsgenossenschaft Wogeno ins Spiel. Beide Seiten waren sich gleich sympathisch. Gemeinsame Werte wie soziales und ökologisches Wirtschaften stellten eine Verbindung her. Ein Probebetrieb über eineinhalb Jahre wurde vereinbart. Die Genossenschaft begann, im Kloster Gäste zu beherbergen und Seminare auszurichten.
2020 wurde der Kauf besiegelt. 10.000 Quadratmeter Fläche und 300 Räume gilt es nun nach und nach einer neuen Bestimmung zuzuführen. In einem Mix von Zimmern, Gemeinschaftsräumen und Werkstätten erprobt die Genossenschaft in Schlehdorf neue Formen gemeinschaftlichen Wohnens und Arbeitens auf dem Land.
Wo früher die Schwestern eine Paramentenstickerei und eine Hauswirtschaftsschule betrieben, haben zwei Therapeutinnen, eine Kulturmanagerin und eine Künstlerin eine neue Bleibe gefunden. Und der Verein "Zukunft Kulturraum Kloster", den Schwester Josefa mit den neuen Bewohnerinnen gegründet hat, um ihre Erfahrungen mit der Transformation zu teilen.