Der Papst eröffnete vor 25 Jahren eine ehrgeizige FAO-Konferenz

Ausreichend Nahrung als Menschenrecht 

Das Ziel war ehrgeizig - und ist bis heute nicht erreicht. Bis 2015 wollte der Welternährungsgipfel der FAOdie Zahl der 830 Millionen unterernährten Menschen - damals 14 Prozent der Weltbevölkerung - halbieren.

Autor/in:
Johannes Schidelko
"Den Hungernden zu essen geben" - das muss nicht immer mit Lebensmitteln verbunden sein / © addkm (shutterstock)
"Den Hungernden zu essen geben" - das muss nicht immer mit Lebensmitteln verbunden sein / © addkm ( shutterstock )

Die Stadt Rom - durch Heilige Jahre, Papstwahlen oder Heiligsprechungen in Großveranstaltungen erprobt - war beim Welternährungsgipfel ganz speziell gefordert. Vier Tage lang berieten 10.000 Delegierte aus 190 Ländern, darunter 113 Staats- oder Regierungschefs, am Sitz der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft über Maßnahmen und Verpflichtungen im Kampf gegen den Hunger. Eröffnet wurde das Welttreffen am 13. November 1996 vom Papst.

Johannes Paul II. forderte in seiner mit viel Applaus bedachten Rede eine gleichmäßigere Verteilung der Nahrungsmittel und Güter der Welt: "Die enorme Kluft zwischen Armut und Reichtum ist unerträglich für die Menschheit." Jede Familie und jede Person habe ein Recht auf ausreichende Ernährung. Das verlange eine neue Solidarität - eine Änderung von Mentalität, Lebensstil und Umgang mit den Ressourcen.

Ein "Globaler Aktionsplan" und vage Appelle

Der 76-jährige Pontifex ging auf soziale und politische Ursachen des Hungers ein, die auch heute noch aktuell sind. Er verwies auf Konflikte, Kriege und Naturkatastrophen, die Flüchtlingsströme auslösten. Ausdrücklich wandte er sich gegen Wirtschaftsembargos - ohne eigens den Irak oder Kuba zu erwähnen. Er forderte Initiativen zu einer "wesentlichen Reduzierung" der Auslandsschulden für die ärmsten Länder.

Schon zu Beginn hatte sich der Gipfel auf eine "Römische Erklärung" und einen "Globalen Aktionsplan" mit sieben (Selbst-)Verpflichtungen geeinigt. Das ließ mehr Zeit für Debatten und aktuelle Fragen, etwa zum damals akuten Flüchtlingsdrama im Osten Zaires. Die Delegierten stritten über Handelsnormen und mahnten konkrete Hilfe und internationale Solidarität an. Sie analysierten die Ursachen von Armut, Hunger und Not, dachten über Wege zur Abhilfe nach, konkretisierten die Ziele, deuteten Zusagen an und vertieften Appelle. Nichtregierungsorganisationen blieb indes vieles zu vage.

Schuldzuweisungen von Fidel Castro

In der Aula verurteilte der Irak das gegen ihn verhängte Embargo. Westliche Staaten bezeichneten Menschenrechte, Freiheit und Demokratie als beste Voraussetzungen für eine "ökologisch nachhaltige, effiziente Landwirtschaft". Und auch die Biotechnologie war ein Thema, für das der US-Vertreter Dan Glickman eintrat - dessen Pressekonferenz durch Protest-Plakate und eine Strip-Einlage von Umwelt-Aktivistinnen gestört wurde.

Während Polit-Größen wie Nelson Mandela oder Muammar al-Gaddafi fehlten, wurde Kubas Revolutionsführer Fidel Castro zum Gast-Star. Er sprach fünf Minuten vor der Konferenz - und wurde gefeiert. Im Ton fast ruhig, in der Sache aber hart, machte Castro "Kapitalismus, Neoliberalismus, einen wilden Markt und Auslandsschulden" für Hunger, Elend und Missstände in der Welt verantwortlich. Er verurteilte eine "kriminelle und absurde Blockadepolitik", die Nahrung und Medizin einschließt.

Der Papst und Castro

Auch Chinas Ministerpräsident Li Peng machte eine "gegenwärtige ungerechte Wirtschaftsordnung" für die Unterentwicklung in vielen Ländern verantwortlich. Es gelte, eine nicht-protektionistische Handelspolitik zu verwirklichen.

Wie etliche andere Staatschefs erhielt auch Castro im Umfeld des Gipfels eine Privataudienz beim Papst. Ein Ergebnis: 14 Monate später startete Johannes Paul II. zu seiner spektakulären Kuba-Reise, bei der er Menschenrechte und Religionsfreiheit zu starken Themen machte.

Hunger bleibt

Die Themen Hungerbekämpfung und Nachhaltigkeit blieben ganz oben auf der politischen Agenda. Das Ziel der Halbierung wurde bis 2015 nicht erreicht. Im Gegenteil schätzte die FAO in der Lebensmittelpreiskrise 2008/2009 eine Zahl von über einer Milliarde Hungernden. 2015 beschloss die UN-Vollversammlung 17 globale Ziele, die die Entwicklungsarbeit aller Mitgliedsländer in Richtung Nachhaltigkeit führen sollte. Eines der Ziele beinhaltet die Beseitigung von Hunger und Fehlernährung bis zum Jahr 2030. Aber auch das scheint derzeit kaum in Sicht.

Nach den jüngsten FAO-Zahlen galt 2020 für rund 155 Millionen Menschen in 55 Ländern eine akute hohe Ernährungsunsicherheit - 20 Millionen mehr als im Jahr zuvor. Und dieser Trend setze sich 2021 fort.


Papst Johannes Paul II. (Archiv) / © Anton Fuchs (KNA)
Papst Johannes Paul II. (Archiv) / © Anton Fuchs ( KNA )

Qu Dongyu, Generaldirektor der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO / © Andrew Medichini (dpa)
Qu Dongyu, Generaldirektor der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO / © Andrew Medichini ( dpa )
Quelle:
KNA