KNA: Was ist das Außergewöhnlichste, das Sie in 25 Jahren Radio Horeb erlebt haben?
Pfarrer Richard Kocher (Mitbegründer und Programmchef von Radio Horeb): Immer wieder die Vorsehung. Ich habe meine Doktorarbeit darüber geschrieben, was die göttliche Lenkung bewirken kann, das Thema ist mir also sehr vertraut. Und doch staune ich immer wieder, wie der Herr für unser Werk sorgt. Für den Bau unseres neuen Medienhauses 2008/2009 hatten wir zum Beispiel erst gar nicht genug Geld. Aber dann kam jemand vorbei und schenkte uns 20 Kilo Gold. Die Dame sagte: "Mein Mann war ein erfolgreicher Arzt, und jetzt hab ich das daheim rumliegen. Wollt ihr's haben?" Jemand anderes hat uns mal eine halbe Million überlassen, wieder wer anderes teure Grundstücke.
KNA: Im Programm sind Sie regelmäßig selbst zu hören, etwa mit der Sendung "Hörer fragen den PD". Und in der Rubrik der oft gestellten Fragen auf der Sender-Homepage tauchen Sie mehrmals auf, da geht es etwa darum, wie man Sie erreichen kann. Ist Radio Horeb ohne Richard Kocher denkbar?
Kocher: Ich versuche alles dafür zu tun. Ich bin Radio Horeb ja auch nicht allein. Jeder leitende Mitarbeiter bei uns ist ein Sechser im Lotto mit Zusatzzahl. Aber die Hörer interessiert es auch, wie Programmentscheidungen gefällt werden, wie ich auf die Ideen für meine Predigten komme oder, was ich nach dem Aufwachen als Erstes sehe - nämlich eine Ikone des auferstandenen Christus.
KNA: Besteht da nicht die Gefahr eines Personenkults?
Kocher: Davor bewahrt mich die offene Dialogkultur unseres Hauses. Niemand ist unersetzbar, aber die Suche nach einem Nachfolger wird sicher nicht leicht sein. Denn es muss ein Priester sein, der rhetorisch stark, theologisch fit, mehrsprachig und eine Führungspersönlichkeit ist. Aber ein Supermann muss es auch nicht sein, ich hab's ja auch geschafft. Und bis zum 70. Geburtstag möchte ich eh noch im Amt bleiben.
KNA: Ebenfalls unter den häufigen Fragen steht die nach dem nächsten Exorzisten. Wieso denn das?
Kocher: Die Esoterik ist sehr verbreitet. Und wenn Leute sich in spiritistischen Seancen verlieren, kann es sein, dass sie die Geister, die sie gerufen haben, nicht mehr loswerden. Denn Dämonen gibt es. Ich kenne zum Beispiel den Fall eines Mannes, der um sein Haus betrogen wurde. Nachdem er ausziehen musste, verfluchte er alle, die dort einmal wohnen würden. Danach ist dort jedes Jahr ein Unglück geschehen. Da kann man die Leute doch nicht leiden lassen.
KNA: Das heißt?
Kocher: Wenn Menschen aus meiner Gemeinde mit so einem Schicksal zu mir kommen, sage ich nicht: Das ist alles nur Einbildung, sondern ich setze mich damit auseinander. Wenn Hilfe gebraucht wird, feiere ich einen Gottesdienst, in dem um Verzeihung für früheres Unrecht gebeten wird. Dank der Kraft Christi und der Lösegewalt der Kirche hört das Spektakel dann fast immer auf. Es geht bei der Exorzisten-Frage also nicht um einen Exorzismus im eigentlichen Sinn, sondern darum, Leuten in Not zu helfen.
KNA: Wollten Sie eigentlich von klein auf Priester werden?
Kocher: Ich war zwar mit 28 Jahren der jüngste Pfarrer der Diözese Augsburg. Doch eigentlich wollte ich Pilot werden. So habe ich meinen Wehrdienst bei der Luftwaffe und Tests bei der Lufthansa absolviert.
Aber die religiöse Prägung meines Elternhauses ließ mich nie los, ich spürte, dass Gott mich in seinem Dienst haben wollte. Ich habe dann noch in meiner Geburtsstadt Augsburg ein Semester Betriebswirtschaftslehre studiert, bin aber schließlich doch ins Priesterseminar gegangen. Im Nachhinein kein Wunder. Denn nach meiner Geburt hat meine Mutter mich vor eine Marienstatue gehalten und gesagt: "Du kannst ihn haben, wenn du willst."
KNA: Neben Devotionalien hängen bei Ihnen daheim selbst gemalte Bilder mit Tolkien-Motiven. Was reizt Sie an der Fantasy?
Kocher: Vor einigen Jahren war ich gesundheitlich angeschlagen. Dann habe ich "Der Herr der Ringe" gelesen - und war total fasziniert. Wie der Tolkien komplette Welten schafft, mit eigens konstruierten Sprachen, mit so viel Bildgewalt, auch mit christlichen Anklängen - das hat mir damals sehr geholfen, mich von meiner tristen Lage abzulenken.
KNA: Zurück zum Sender: Warum heißt Radio Horeb eigentlich Radio Horeb?
Kocher: Der Bibel zufolge erschien dort Gott dem Mose. Das passt, unser Programm soll ja die Frohe Botschaft verbreiten. Wir hätten uns auch gern Radio Maria genannt, was aber nicht ging, weil dieser Titel rechtlich schon geschützt war. Trotzdem verstehen wir uns als marianisch geprägt. Damit meine ich Dienstbereitschaft. Es geht darum, dass wir am Mikro im Dienste des Evangeliums wirken. Maria steckt auch in unserem Logo, das ja den Berg Horeb darstellt, gleichzeitig aber auch den Buchstaben M. Die drei Bögen darüber symbolisieren die Dreifaltigkeit Gottes.
KNA: Passend zum Namen ist ja auch, dass Radio Horeb aus den Bergen sendet. Balderschwang gilt mit 1.044 Metern über dem Meeresspiegel als Deutschlands höchstgelegene Gemeinde. Fühlen Sie sich so weit oben dem Himmel näher?
Kocher: Die Landschaft hier ist schon von überwältigender Schönheit. Da kann man gar nicht glauben, dass die Natur Zufall und nicht geschaffen worden sein soll. Aber bei aller Himmelsnähe: Balderschwang war früher mal alles andere als ein heiliges Pflaster.
Weil es so abgeschieden liegt, haben sich hier vor Jahrhunderten viele Leute, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, niedergelassen. Von damals stammt der Spruch: "Es gibt gute Leute, es gibt böse Leute, und es gibt Balderschwanger." Aber das ist lang vorbei.
KNA: Welche Zukunftspläne hegen Sie für Radio Horeb?
Kocher: Die Zukunft der Medien ist trimedial: Audio, Video und Internet. Wir haben hinter unserem Medienhaus noch 5.000 Quadratmeter Grund. Platz zur Expansion ist also da.
Das Interview führte Christopher Beschnitt.