DOMRADIO.DE: Wer war die Heilige Lucia?
Julian Heese (Referent für missionarische und diakonische Pastoral beim Bonifatiuswerk): Die Heilige Lucia war eine Jungfrau und Märtyrerin mit sizilianischen Wurzeln. Sie wurde um das Jahr 286 in Syrakus auf Sizilien geboren. Nach dem Tod des Vaters wird ihre Mutter schwer krank.
Die beiden machen dann eine Wallfahrt zum Grab der Heiligen Agatha, um dort um Fürsprache zu bitten. Die Mutter wird gesund und erlaubt daraufhin ihrer Tochter, die geplante Hochzeit mit ihrem heidnischen Verlobten abzusagen, um ihr Leben ganz Jesus zu widmen.
Das bekommt ihr Verlobter natürlich mit, wird sauer, zornig und verrät dann dem Präfekten, dass Lucia zum Christentum konvertiert ist, dass sie ihr ganzes Leben für Jesus einsetzen will. Lucia wird dann verfolgt, auf alle mögliche Weise gefoltert, so sagt die Überlieferung, und stirbt dann an einem 13. Dezember, vermutlich im Jahr 304, in der Christenverfolgung unter Diokletian.
Also kein so ganz romantisch-adventliches Brauchtum.
DOMRADIO.DE: In Deutschland ist das Lucia-Fest an diesem 13. Dezember nicht jedem bekannt. In nordischen Ländern und vor allem in Schweden wird es aber groß gefeiert. Warum ist das so?
Heese: Bis 1752, also bis zur Einführung des Gregorianischen Kalenders, markierte der 13. Dezember den kürzesten Tag des Jahres in Schweden. Und da passt der Name der Heiligen Lucia, die "Leuchtende", natürlich ganz hervorragend zu diesem Tag. Am kürzesten Tag des Jahres, am dunkelsten Tag des Jahres wird diese Heilige des Lichts gefeiert.
DOMRADIO.DE: Wie begehen die Menschen in Schweden diesen 13. Dezember?
Heese: Da gibt es ganz unterschiedliche Bräuche. Beispielsweise gibt es den Brauch der Luciabraut, nämlich dass die älteste Tochter am Morgen des Lucia-Tages die schlafenden Eltern und ihre Geschwister mit einer leuchtenden Krone auf dem Kopf weckt und mit dem ersten Weihnachtsgebäck ans Bett kommt. Das ist ein familiärer Brauch.
Es gibt aber natürlich auch öffentliche Bräuche. In Schulen, in Kindergärten, in Kirchen gibt es Lucia-Umzüge. Die Lucia geht weiß gekleidet mit einem Kranz aus Kerzen auf dem Kopf voran und ihr folgen dann weitere Personen, Figuren, beispielsweise Sternknaben oder Pfefferkuchen-Männchen.
Also es gibt ein ganz buntes Brauchtum in Schweden. Und nicht zu vergessen ist natürlich auch "Lussekatter", das schwedische Gebäck, das traditionell am Lucia-Tag gegessen wird, was mit Safran angereichert ist und so eine leicht gelbliche Färbung hat. Das gehört auch ganz fest zum Lucia-Tag in Schweden dazu.
DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung hat die Botschaft der Heiligen Lucia für die aktuell ja immer noch schwierige Corona-Zeit, in der wir uns befinden?
Heese: Ich glaube, Lucia kann die Leuchtende sein, ein Licht in der Dunkelheit. Wir reden gerade in der Corona-Zeit immer viel vom Licht am Ende des Tunnels. Vielleicht kann Lucia das in unserer heutigen Zeit sein oder zumindest darauf verweisen, dass es weitergeht, dass es in dunklen Zeiten ein Licht gibt.
Lucia verweist natürlich auch immer auf Christus als das Licht der Welt, sodass Lucia wirklich eine Lichtbringerin in diesen dunklen Zeiten, nicht nur im Sinne von dunklen Tagen, sondern auch in dunklen Zeiten der Pandemie sein kann. Ich denke, das ist ganz wichtig.
Und auch die Botschaft, dass Advent und Weihnachten und damit auch der Lucia-Tag in diesem Jahr nicht ausfallen, sondern stattfinden können, ist wichtig.
Das Interview führte Carsten Döpp.
Anmerkung der Redaktion: Dieses Interview wurde am 13. Dezember 2022 erstausgestrahlt.