Historiker sieht sinkenden Einfluss der Kirchen

Misstrauen wächst

Der Historiker Thomas Großbölting rechnet mit einem stark sinkenden Einfluss der Kirchen in Politik und Gesellschaft. Die in der Geschichte der Bundesrepublik traditionell sehr enge Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche wird brüchiger.

Mann mit Mundschutz im Gebet / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Mann mit Mundschutz im Gebet / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Das sagte der Professor für Neuere und Neueste Geschichte in Hamburg am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Als Gründe nannte er die sinkende Zahl von Christen in Deutschland, den zunehmenden Anteil Konfessionsloser und eine wachsende religiöse Pluralität unter anderem durch den Islam.

Großbölting, der 2013 unter dem Titel "Der verlorene Himmel" ein Buch zur Geschichte des Christentums in Deutschland seit 1945 veröffentlicht hatte, verwies auch auf Konsequenzen des Missbrauchsskandals. Das moralische Kapital, das den christlichen Religionsgemeinschaften auch von Nichtgläubigen lange zugeschrieben worden sei, werde zunehmend durch Distanz, gelegentlich sogar von grundsätzlichem Misstrauen ersetzt.

Auch Politiker, die von der Nähe zu den Kirchen lange profitiert hätten, gingen mittlerweile zunehmend auf Distanz.

Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach

Großbölting äußerte sich zu einer am Mittwoch in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" veröffentlichten Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach, nach der die Bindung der Menschen in Deutschland an das Christentum immer stärker abnimmt. Danach bezeichnen sich derzeit 28 Prozent der Bevölkerung als Mitglied der evangelischen Kirche, 25 Prozent als Katholiken.

Noch 1995 hätten 37 Prozent eine Mitgliedschaft in der evangelischen, 36 Prozent in der katholischen Kirche angegeben. Der Anteil der Christen in Deutschland dürfte schon bald auf unter 50 Prozent sinken.

 


Quelle:
KNA