Die römische Kirche sei in ihren Augen in einem "unheilvollen Spiel aus Gehorsam und Angst" ein "Verrat an der Botschaft Jesu", sagte die 61-Jährige aus Münster im Interview der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag).
Die Initiativen der Bischöfe zur Missbrauchsaufarbeitung lässt Kötter nicht gelten. Bei der Gründung von Betroffenenbeiräten, ihrer Offenheit für mehr Frauen in Ämtern etc. redeten sie "immer von oben herab". Die Bischöfe seien die "Platzanweiser"; am Ende seien "sie es, die etwas gestatten oder auch nicht".
Mangel an Gottvertrauen
Das einzige, was die Bischöfe machen könnten, so Kötter, sei, "sich zutiefst erschüttert dort niederzulegen, wo die Betroffenen sind": auf den "kantigen harten Felsen ihres Leids", und zwar ohne Absichten, "und dort mit ihnen zu weinen" und "völlig sprach- und ratlos zu sein". Wenn man sich dann gegenseitig aufhelfe, "könnte etwas Neues entstehen". Ängste vor Machtverlust angesichts von Reformen sei aber "nichts anderes als ein Mangel an Gottvertrauen", sagte Kötter.
Zur Diskussion um Bischofsrücktritte meinte sie: "Ach, diese Rücktreterei - am Ende geht es nicht ums Personal." Nicht Rücktritte seien eine Lösung, sondern eine neue Haltung. Die Kirche müsste sich demokratisieren. Es gebe allerdings "durchaus auch offene Bischöfe", räumte sie ein. Sie ziehe etwa den Hut vor dem Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, der öffentlich erklärt habe, er habe beim Umgang mit Homosexualität Unrecht gehabt.
Austritt aus der katholischen Kirche
Mit ihrem Austritt hat Kötter der katholischen Kirche auch ihr Geld entzogen. Um es "direkt zu den Menschen zu bringen", hätten die Frauen den Verein "Umsteuern" gegründet, mit dem etwa Selbsthilfegruppen, Betroffene sexualisierter Gewalt und Frauenhäuser unterstützt würden. Katholisch bleibe sie "im besten Wortsinn", sagte sie. "Ich bin getauft, das kann mir keiner nehmen."
Weihnachten feiert Kötter nach eigener Beschreibung inzwischen jenseits römischer Liturgie, die sie als überhöhte "Machtdemonstration" empfinde. Vor zwei Jahren habe man sich zu Weihnachten "nachts, nachdem alle Messen vorbei waren, in einem kleinen Kreis in der leeren Kirche getroffen" und habe sich mit Gitarre "vor die Krippe gesetzt, Texte gelesen, gesungen"; ein "kleines Konzert für Jesus zum Geburtstag".
Der Kreis von Maria 2.0 treffe sich so regelmäßig wie möglich, "ganz ohne Priester", so Kötter; "wir singen, wir schweigen auch viel. Das ist eine Form des Gottesdienstes, der mir in all meiner Ratlosigkeit im Moment am nächsten kommt."