DOMRADIO.DE: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Lied über den Klimaschutz zu komponieren?
Norbert M. Becker (Priester der Gemeinschaft der Herz-Jesu-Missionare, Komponist Neuer Geistlicher Lieder): Das war ganz interessant. Franz-Josef Ruwe, der Text-Autor, ist ein Freund und Kollege von mir, mit dem ich schon viele Jahre Neue Geistliche Lieder (NGL) schreibe. Das ist so ein wenig mein Steckenpferd. Dabei haben wir immer wieder Themen aus absoluten Randbereichen angeschaut und bearbeitet. Das waren mal kritische Töne, was unsere Kirche betrifft, oder Glückwunsche.
Die Aktion Fridays for Future hat mich angesprochen, obwohl man sich über verschiedene Protagonisten streiten kann, und sogar über das Grundanliegen. Aber die Bewegung hat mich sehr berührt - gerade durch meinen Ortswechsel in das Tagungshaus Steinerskirchen, wo wir einen großen Biolandhof haben. Es hat in mir etwas bewirkt, mitzukriegen, wie eine Biolandwirtschaft funktioniert, wie Schöpfung bewahren im Tagungshaus mit unseren Gästen vor Ort geht.
In Summe konnte ich für mich sagen: Eigentlich ist dieses Grundanliegen, das die jungen Leute auf die Straße treibt, nur zu unterstützen. Und so kam es zu der Idee, unser Know-how in die Waagschale zu werfen und einen Song zu schreiben.
DOMRADIO.DE: Sie kriegen auf der einen Seite das Bio-Landleben mit, auf der anderen Seite sind Sie auch Lehrerseelsorger im Bistum Augsburg. Kriegen Sie da auch mit, dass Schülern das Thema Klimakrise tatsächlich auf der Seele liegt?
Pater Norbert: Vielen schon. Ich habe hauptsächlich mit Lehrern zu tun, aber über Fortbildungen und Kontakte kriege ich auch mit, was die jungen Leute beschäftigt. Gerade bei Orientierungstagen ist das Thema. Da ist gibt es eine Bandbreite von engagierten Teilnehmern. Es klingt immer wieder die Sorge durch: Welche Zukunft werden wir haben? Welche Zukunft werden unsere Kinder haben? Das heißt noch lange nicht, dass alle ihr Verhalten von jetzt auf gleich ändern. Aber das Bewusstsein ist da. Dinge neu anschauen, diskutieren - ich spüre da ein Interesse dafür, dass es mit dem Leben gesund weitergeht.
DOMRADIO.DE: In dem Video auf YouTube sitzen Sie an der Orgel. Musik begleitet Sie ihr ganzes Leben. Inwiefern setzen Sie Musik auch für Mission ein?
Pater Norbert: Mission im weitesten Sinne. Ich lade zum Beispiel zu Veranstaltungen mit Neuen Geistlichen Liedern, Chor-Workshops oder Lieder-Tankstellen ein, was leider durch die Corona-Einschränkungen kaum noch möglich ist. Ich gehe sonst auch in Gemeinden und biete Liederabende zum Mitsingen an. Da versuche ich – und das gelingt auch – über Lieder eine Botschaft zu transportieren. Ich moderiere das dann ein bisschen und spreche und über Glaubensinhalte – was ein Lied ausdrückt, wie wir Glaubenswahrheiten heute neu sagen und neu definieren können. Damit erreicht man einiges.
Da melden Leute auch zurück: "Mensch, das Lied tut gut!", oder "ich bin zum Nachdenken gekommen" oder "das nehme ich gerne mit, das können wir gebrauchen für die Kommunionskinder oder in unserem Jugendchor oder im Kirchenchor". So zieht das dann Kreise. Außerdem gibt es ein großes Interesse, gerade Gottesdienste lebendiger zu gestalten. Da spielen Lieder eine große Rolle - und das ist auch meine große Freude, die ich da selber daran habe.
DOMRADIO.DE: Gab es denn schon Reaktionen auf Ihr Fridays for Future-Lied?
Pater Norbert: Wir bekommen ganz viele Rückmeldungen, Daumen hoch zum Beispiel. Erst gestern hat sich ein Kirchenmusiker bei mir gemeldet, der einen Gospelchor leitet. Er will unbedingt den Chorsatz haben. Das passe wunderbar. Oder es melden sich Schulen und sagen: Können wir das Lied einsetzen? Wir sind gerade beim Thema Umwelt, Schöpfung, Fragen von Gerechtigkeit, Zukunft etc. Da gibt es sehr viele positive Rückmeldungen.
Es gab aber auch die Bemerkung, dass das Thema längst durch sei. Einer schrieb in die Kommentare "ein Lied, das die Welt nicht braucht". Ich habe darauf geantwortet, dass es vielleicht ein Lied ist, was er nicht braucht, aber andere vielleicht gebrauchen können. Mir ist schon klar, dass ich bei nicht mit allen Forderungen und Statements von Fridays for Future hundertprozentig mitgehen kann. Aber auf der anderen Seite sehe ich, dass damit Themen in die Gesellschaft hineingetragen wurden, die einfach wichtig sind.
DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat sich mit seiner Enzyklika "Laudato si" für die Bewahrung der Schöpfung eingesetzt. Haben Sie den Eindruck, Kirche setzt sich generell ausreichend für den Klimaschutz ein?
Pater Norbert: Nein, da ist noch ganz viel Luft nach oben (lacht). Die Kirchendächer könnten mit Solarzellen bestückt werden. Das beißt sich natürlich mit der Frage, ob das jetzt ein Denkmal ist oder eine Kirche an und für sich. Ich glaube aber, dass Kirche sich grundsätzlich mehr mit diesen Fragen beschäftigen muss: Was können wir tun? Könnten wir nicht einfach allen unseren Tagungs- und Bildungshäusern eine Richtung vorgeben? Dass man möglichst regional einkauft zum Beispiel.
Es muss nicht unbedingt bio sein, aber dass man möglichst weiß, wo Fleisch herkommt und nicht allzu viel Fleisch auf den Tisch kommt. Oder wo kauft man den Kaffee ein? Es sind die Kleinigkeiten, aber sie verändern das Bewusstsein - gerade wo wir als Kirche in der Fläche noch einigermaßen präsent sind und was bewegen können.
Das Interview führte Heike Sicconi.