80 Jahre Wannsee-Konferenz

"Nie wieder darf so etwas geschehen"

Zum 80. Jahrestag der Wannsee-Konferenz hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock der Opfer des Holocaust gedacht und zur Erinnerung aufgerufen. Das damalige Kapitel müsse Ansporn sein, so etwas nie wieder geschehen zu lassen.

Jahrestag der Wannsee-Konferenz: Politik gedenkt Opfern des Holocaust / © Reuters (Reuters)
Jahrestag der Wannsee-Konferenz: Politik gedenkt Opfern des Holocaust / © Reuters ( Reuters )

"Wir werden nie vergessen, was Deutschland ihnen angetan hat", sagte Baerbock laut Mitteilung ihres Ministeriums am Donnerstag. Auch damalige Beamte des Auswärtigen Amts trügen Schuld am Völkermord des Nazi-Regimes und seien zu willfährigen Helfern des Unrechts geworden.

Annalena Baerbock / © Kay Nietfeld (dpa)
Annalena Baerbock / © Kay Nietfeld ( dpa )

"Dieses Kapitel der Geschichte muss uns ein Ansporn sein: Nie wieder darf so etwas geschehen", so Baerbock. Wer im Staatsdienst Verantwortung trage, müsse zuallererst dem Recht und der Menschlichkeit verpflichtet sein, nicht der Macht.

"Wiedergutmachung unmöglich"

Am Mittwochabend hatte auch die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Katrin Göring-Eckardt, an die Schrecken der Schoah erinnert und an Deutschlands bleibende Verantwortung gemahnt. Der bürokratisch organisierte Mord am europäischen Judentum entziehe sich jeder Möglichkeit der Wiedergutmachung, sagte Göring-Eckardt bei einer Gedenkveranstaltung in Berlin.

Katrin Göring-Eckardt / © Michael Kappeler (dpa)
Katrin Göring-Eckardt / © Michael Kappeler ( dpa )

"Es bleibt auf immer die Aufgabe des deutschen Staates, seiner Institutionen und der Gesellschaft, die Erinnerung an diese Taten wach zu halten." Beschämend sei, dass jüdisches Leben in Deutschland in weiten Teilen nur unter Schutzvorkehrungen stattfinden könne.

Bei der Wannsee-Konferenz war am 20. Januar 1942 in Berlin der Völkermord an den Jüdinnen und Juden in Europa organisiert worden. Anwesend waren neben Vertretern von SS und Gestapo auch ranghohe Verwaltungsbeamte deutscher Ministerien.

 

"Antisemitismus gedeiht auch in Demokratien"

Die US-amerikanische Holocaustforscherin Deborah Lipstadt sagte der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag), die Wannsee-Konferenz zeige, dass man Schreibtischtäter sein könne. "Hier saßen viele Leute am Tisch, die sagen konnten, ich habe nichts getan, niemanden verletzt, niemanden getötet. Aber sie haben die Vernichtung geplant, und danach gab es Zigarren und Cognac."

Klein: Angehende Lehrkräfte sollten NS-Gedenkstätten besuchen

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, fordert Pflichtbesuche für angehende Lehrerinnen und Lehrer im Haus der Wannseekonferenz oder KZ-Gedenkstätten. Anlässlich des 80. Jahrestages der Wannseekonferenz betonte er, dass auch 77 Jahre nach der Schoah Deutschland den Antisemitismus nicht überwunden habe. "Er ist wieder zu einer ernsthaften Bedrohung geworden", sagte Felix Klein den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstag). Einer Bedrohung, der sich die Gesellschaft stellen müsse. 

Eingangstor des ehemaligen Konzentrationslagers in der Gedenkstätte Sachsenhausen / © Paul Zinken (dpa)
Eingangstor des ehemaligen Konzentrationslagers in der Gedenkstätte Sachsenhausen / © Paul Zinken ( dpa )

Antisemitismus ähnele zwar den Vorurteilen gegenüber anderen Gruppen. "Aber er ist auch speziell, denn es gibt ihn auf allen Seiten des politischen Spektrums, links, rechts, in der Mitte." Antisemitismus gedeihe in totalitären Regimen, aber auch in Demokratien, so Lipstadt.

Der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, erinnerte daran, dass auch die konservativen und bürgerlichen Eliten an diesem Tag "willfährig und beflissen zu Gehilfen und Mitträgern der nationalsozialistischen Mordmaschinerie" geworden seien. "Bis zum heutigen Tag zeigt die Wannsee-Konferenz, wie ein Staat zum Mörder werden kann und wie die meisten Bürgerinnen und Bürger dieses Staates gleichgültig wegschauen oder begeistert den antisemitischen Hassattacken zustimmen."

Gemeinsamer Appell gegen Holocaustleugnung

Unterdessen veröffentlichten die deutsche Botschafterin in Israel, Susanne Wasum-Rainer, und der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, einen gemeinsamen Appell gegen Holocaustleugnung.

In einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" und die israelische Tageszeitung "Maariv" (Donnerstag) beklagten sie, die Fakten der Schoah würden noch immer abgestritten und deren historischer Ausnahmecharakter relativiert. An diesem Donnerstag wollen Deutschland und Israel bei den Vereinten Nationen gemeinsam eine entsprechende Resolution anstoßen.

 

Quelle:
KNA