Missbrauchsvorwürfe gegen gestorbenen Bischof von Le Havre

Taten über zwei Jahre hinweg

Erstmals gibt es Missbrauchsvorwürfe gegen einen französischen Bischof. Eine heute rund 30-jährige Frau gibt an, als Mädchen von dem 2021 mit 85 Jahren gestorbenen Bischof von Le Havre, Michel Guyard, missbraucht worden zu sein.

Die Kathedrale Notre-Dame du Havre / © Tanya Kramer (shutterstock)
Die Kathedrale Notre-Dame du Havre / © Tanya Kramer ( shutterstock )

Das berichtet die Zeitung "La Croix" (online Mittwoch). Die "Mathilde" genannte Frau habe keine Anzeige erstattet, hieß es. Damit wäre eine Nachverfolgung des Sachverhalts möglich gewesen, auch wenn es wegen des Todes des Beschuldigten nicht zu einem Verfahren oder Urteil hätte kommen können.

"Ein Freund der Familie"

Die Taten sollen vor rund 20 Jahren während Guyards Zeit als Priester in Le Havre über zwei Jahre ab ihrem fünften Lebensjahr erfolgt sein, so Mathilde. Guyard, 1965 in Paris zum Priester geweiht, war von 1994 bis 2003 Generalvikar der Erzdiözese Paris, von 2003 bis zu seinem altersbedingten Amtsverzicht 2011 Bischof von Le Havre.

Mathilde berichtet in einem Video, das in Sozialen Netzwerken geteilt wurde, wie ihr erst vor einigen Monaten bei einer Begebenheit mit ihrer kleinen Tochter die schmerzhafte Erinnerung an einen Missbrauchstäter in ihrer eigenen Kindheit bewusst geworden sei. "Ich hatte die starke Intuition, dass er ein Freund der Familie war", so die Mutter. Schließlich, nach mehreren Tagen intensiven Nachdenkens, "schien mir ganz klar, dass es dieser Priester war, Michel Guyard, der zehn Jahre lang Bischof von Le Havre war und jetzt verstorben ist", sagt Mathilde.

Bistum Le Havre treffen die Vorwürfe

Inzwischen habe sie Kontakt mit Ansprechpartnern für Missbrauchsbetroffene der Erzdiözese Paris, darunter Weihbischof Thibault Verny, sowie der Französischen Bischofskonferenz. Ebenso wurde ihre Aussage an die Unabhängige Kommission für sexuellen Missbrauch in der Kirche (Ciase) übermittelt, die selbst nach Veröffentlichung ihres Abschlussberichts im Oktober 2021 weiter zahlreiche Zeugenaussagen erhalte, wie es hieß.

Im Bistum Le Havre erregten die Vorwürfe demnach große Emotionen. Er könne das Leiden der Frau verstehen, schrieb Bischof Jean-Luc Brunin an die Priester der Diözese. "Ich kann mir vorstellen, dass dieses Zeugnis Sie und die Christen der Diözese verwirren wird. Wir müssen über den fairsten und respektvollsten Weg nachdenken, mit dieser Situation umzugehen, mit striktem Respekt vor dem Opfer und dem Gedenken an Bischof Michel Guyard", so Brunin.

An die Katholiken schrieb er: "Wir müssen gemeinsam durch diese Situation gehen, die uns zu einer Haltung von Mitgefühl, Demut und Vertrauen auf Christus einlädt. Er allein kennt die Herzen der Menschen."

Quelle:
KNA