DOMRADIO.DE: Die Aktion geht von 17 Uhr bis Mitternacht. Es sollen viele Paare in kurzer Zeit kirchlich getraut werden. So eine Hochzeit ist aber doch etwas Besonderes und nichts für schnell, schnell. Können Sie da jedem Paar gerecht werden? Wie läuft das ab?
Rainer Müller-Brandes (Evangelischer Stadtsuperintendent von Hannover): Es sind 15 Paare, die sich trauen lassen möchten. Anfragen hatten wir binnen weniger Stunden knapp 20. Aber das ist ja nicht Las Vegas. Wir nehmen uns bis Mitternacht Zeit und haben dann die Liste geschlossen, weil wir nicht noch nach Mitternacht trauen wollen.
Tatsächlich ist es aber nur eine echte Trauung, die um 22 Uhr 22 stattfindet. Das ist das einzige Paar, das heute wirklich heiratet. Alle anderen sind schon länger verheiratet, zum Beispiel standesamtlich und das Paar hat den Wunsch gehabt, nochmal einen Segen zu bekommen. Oder andere Paare, die die kirchliche Hochzeit immer geplant hatten, aber dann kam ein Kind oder sie bauten ein Haus und dann kam das nächste Kind, holen das jetzt nach.
Das finde ich eigentlich das Schönste. Die vielen Paare kommen wegen des Segens. Sie möchten gerne den Segen für ihre Ehe haben und einige machen das ganz still. Teilweise kommen die Paare nur zu zweit.
DOMRADIO.DE: Sie haben gesagt, es sei eben kein "Las Vegas", aber wie bewerkstelligen Sie das organisatorisch?
Müller-Brandes: Wir haben mit jedem Paar vorher lange telefonische Vorgespräche geführt. Wir sind zu dritt, meine beiden Kollegen und ich, die heute Abend trauen werden. Außerdem machen viele Ehrenamtliche mit, die die Paare vor der Kirche empfangen.
Wir trauen dann im 25-Minuten-Takt. Die Marktkirche hat viele Türen. Unter dem Hochzeitsmarsch zieht man ein und nach der Trauung vorne rechts wieder raus. Fünf Minuten später, kommen die nächsten von hinten rein. Pfarrer und Paar haben vor dem Einzug zehn Minuten Zeit, miteinander zu sprechen und danach gibt es in einem schön geschmückten Saal unter der Kirche auch einen Sekt. So geht das, glaube ich, ganz gut.
DOMRADIO.DE: Mit Verlaub, ein bisschen klingt es doch nach Fließband. Was reizt die Paare daran, an so einem besonderen Datum zu heiraten?
Müller-Brandes: Da war ich auch nicht sicher, ehrlich gesagt. Die Aktion haben wir sehr kurzfristig veröffentlicht, erst am Dienstag vor einer Woche. Wir hatten binnen Stunden sehr viele Anfragen. Das hat viel besser geklappt, als erwartet.
Das Schöne sind die Gründe für das Datum. Zum Beispiel kommt ein Paar zu zweit. Die haben erwachsene Kinder und wollen das, weil sie sich damals vor ihrer standesamtlichen Trauung in die Marktkirche gesetzt haben, aber eben nichts weiter gemacht haben. Da vermissen sie bis heute etwas. Eine andere Frau hat heute den 50. Geburtstag. Es ist ein besonders Datum und nur ein Brautpaar fährt sehr auf diese 22.2.22 ab. Die heiraten heute auch standesamtlich.
Die anderen Paare haben schon länger eine Sehnsucht in sich gespürt. Für die ist jetzt die Gelegenheit. Jetzt ist der Zeitpunkt da. Die möchten eben nicht in Weiß für 10.000 Euro mit 70 Leuten und einem halben Jahr Vorplanung heiraten, sondern dieses Angebot nutzen. Dieses Bedürfnis hängt, glaube ich, gar nicht so an dem Datum. Das kommt einfach jetzt zum Tragen.
Die Paare gestalten die Trauung auch mit. Heute Abend wird eine Familie kommen, da bringen die drei jugendlichen Söhne eine Bratsche mit und spielen ihren Eltern etwas. Ein Paar bringt eine Freundin mit, die eine Hochzeitskerze verziert hat. Die Paare zeigen, man muss nicht groß feiern, aber die Trauungen werden trotzdem bunt.
Uns freut ungemein, dass es tatsächlich um den Segen geht. Das hätte ich so nicht erwartet. Aber umso schöner ist es, dass es so ist.
DOMRADIO.DE: Die Aktion nennen Sie eine "Candle-Night-Trauung". Was gehört dazu?
Müller-Brandes: Wir spielen da ein bisschen mit den Worten Candle-Night (Kerzennacht) und Candle-Light (Kerzenschein). Es wird aber eine Candle-Night. Die Marktkirche ist rote Backstein-Gotik. Ein sehr schöner, warmer Raum, der, wenn wir um 17 Uhr anfangen, auch tatsächlich dunkel ist. An den Säulen werden viele Bienenwachskerzen leuchten.
Nach zweieinhalb Stunden müssen wir die Kerzen dann auch auswechseln, weil die nicht so lange brennen. Dafür haben wir uns dann eine halbe Stunde Pause eingeplant.
Das Interview führte Tobias Fricke.