Theologin schreibt Buch über fiktive Zwiegespräche mit Gott

Wie Gott bei der Fahrradreparatur hilft

Er trinkt gerne Bier, repariert Fahrräder und man kann mit ihm über alles reden. Klingt nach einem guten Freund – und nach Gott. Annette Jantzen lädt ihn in ihrem Alltag zum fiktiven Gespräch ein und hat davon ein Buch geschrieben.

Symbolbild Fahrradreparatur / © Dusan Petkovic (shutterstock)
Symbolbild Fahrradreparatur / © Dusan Petkovic ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Welche der Verabredungen mit Gott sind Ihnen denn besonders in Erinnerung geblieben?

Annette Jantzen (Pastoralreferentin im Bistum Aachen): Also am meisten die, wenn Gott beim Fahrradreparieren dazu kommt, tatsächlich.

Annette Jantzen / © Ute Haupts (BDKJ)
Annette Jantzen / © Ute Haupts ( BDKJ )

DOMRADIO.DE: Ist er da hilfreich?

Jantzen: Er guckt anerkennend. Nein, das sind immer die Settings, die sehr nah am Alltag sind. Und wenn es kein eindeutiges Setting gibt, wie auf einer BDKJ-Diözesanversammlung oder bei einer 72-Stunden-Aktion oder so, dann sind es eben meine Alltagsorte, die in diesen Gesprächen auftauchen.

DOMRADIO.DE: Fiktive Gespräche mit Gott. In welchem Kontext sind diese Geschichten, die sie aufgeschrieben und in Gedanken durchgespielt haben, denn entstanden?

Jantzen: Die kommen aus den Kontexten, in denen ich als Pastoralreferentin unterwegs bin: in kirchlichen Gremien, im BDKJ, bei Gottesdiensten, im Verband, in der Frauenseelsorge. Manchmal sind sie ja auch rein schriftlich, weil ich angefragt werde für eine Verbandszeitschrift oder für einen Pfarrbrief oder so.

Ich greife dann in diesen Gesprächen auf, was ganz aktuell die Menschen, mit denen ich zum Beispiel Gottesdienst feiere, bewegt: was gerade die Aktualitäten des Tages sind, manchmal auch das Tagesevangelium, wenn es sich anbietet – und das packe ich jeweils in eine Dialogform. Ich trage sie dann aber alleine vor. Ich spreche sowohl Gottes als auch meinen Part.

DOMRADIO.DE: Es geht um die Kirche, aber auch um Bratkartoffeln oder wie Sie eben schon erwähnt haben, um Fahrradreparaturen. Warum reden Sie mit Gott auf so einer Kumpel-Ebene?

Jantzen: Weil Gott ja uns Menschen auch in einer total nahen Beziehung glaubhaft ist. Und weil ich finde, alles Reden hat seine Zeit. Es gibt eben auch die Zeit, um mit Gott als einem Freund oder einer Freundin zu reden.

DOMRADIO.DE: Was ist Gott für ein Typ, wenn er in ihren Geschichten vorkommt?

Jantzen: Er ist meistens ein bisschen rustikal unterwegs, also trinkt gerne Bier aus der Flasche. Er mag am liebsten Schokoladen-Kekse, regt sich gerne mal auf, hat aber auch oft einfach ein liebevolles Lachen für die Welt.

DOMRADIO.DE: Will er mit Ihnen über die Probleme in der Kirche sprechen?

Jantzen: In letzter Zeit häufiger ja. Als ich angefangen habe mit den "Gott und ich"-Geschichten, da habe ich die seltener verwendet. Da sind dann oft die ganz großen Themen zur Sprache gekommen, weil es auch etwas längere Geschichten waren. Seit ich das so als eine Kurzform entwickelt habe, sind auch immer wieder sehr aktuelle Fragen drin. Da geht es natürlich heute auch oft um die Kirche, weil wir viele aktuelle Fragen zu besprechen haben.

DOMRADIO.DE: Was hält er denn in ihren Kompositionen davon, wie wir leben oder über was wir uns gerade Gedanken machen – auch im Hinblick auf die Kirche?

Jantzen: Manchmal kommt die Frage: Habt ihr nichts besseres zu tun? Die Welt ist so schön und so groß und ihr streitet euch um Chromosomensätze von Menschen, die sich lieben. Ganz oft ist es aber auch die Anwaltschaft für die, die wir bei allem Reden über die Kirche nicht vergessen dürfen. Denn wenn es um sexualisierte Gewalt geht, dann geht es zuerst um die von Gewalt Betroffenen und nicht um die Kirche, nicht um die Institution und ihre Sorgen. Da wird Gott schon mal deutlich.

DOMRADIO.DE: Sie haben auch die Frage gestellt, warum sich Gott in mancher Hinsicht von uns Menschen missverstanden fühlt?

Jantzen: Ja, ich habe da mal gefragt, warum wollten deine Leute eigentlich dich als Gott, wenn du eigentlich gar nicht so bist, wie sie es gerne hätten? Und Gott hat gesagt: Naja, aus so einer Nummer kommt man irgendwann nicht mehr raus. Wir sind eigentlich ja immer in Gefahr. Wir müssen uns Bilder machen, das geht nicht anders bei uns Menschen.

Und jedes Bild hat immer die Gefahr, dass man es zu schön findet und deswegen vergisst, dass es ein Bild ist. Ich zeichne natürlich auch ein Bild von Gott, aber ich versuche immer daran zu denken.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Informationen zum Buch von Annette Jantzen: "Wenn Gott zum Kaffee kommt", erschienen im echter-Verlag.

Quelle:
DR