Bistum Essen sieht in "Passion"-Event von RTL Chancen

"Das Skript ist einfach zu gut"

Die Passion, die Geschichte des Leidens, Sterbens und der Auferstehung Jesu als TV-Live-Event sollte bereits vor zwei Jahren stattfinden. Jetzt soll es im April aufgeführt werden. Das Bistum Essen sieht Chancen, daran anzuknüpfen.

Vorstellung aller Teilnehmer zum RTL Musik-Live-Event Die Passion in Essen im Jahr 2020 / © Friedrich Stark (epd)
Vorstellung aller Teilnehmer zum RTL Musik-Live-Event Die Passion in Essen im Jahr 2020 / © Friedrich Stark ( epd )

DOMRADIO.DE: Inwiefern waren Sie an den Arbeiten beteiligt? Hatten Sie Einblicke?

Dr. Theresa Kohlmeyer (Leiterin der Abteilung Glaube, Liturgie und Kultur im Bistum Essen, zuständig für die Arbeitsgruppe "Die Passion"): Ja und nein. Also Einblicke: Ja, wir haben tatsächlich vor zwei Jahren einmal ins Skript gucken dürfen. Einfach um zu wissen, worauf wir uns einlassen und um zu planen, wie wir die Veranstaltung gegebenenfalls ein bisschen rahmen.

Beteiligt: Nein. Das hatte ich auch in keiner Weise erwartet. Wir hatten kein Mitspracherecht auf das, was da im deutschen Skript steht. Das Format läuft schon seit Längerem und da arbeiten viele gute Theologinnen und Exegeten mit. Nach dem ersten Lesen des Skriptes hatte ich schon den Eindruck: Gott, das sind ganz gute Interpretationen, die da stattgefunden haben.

DOMRADIO.DE: Was ist dann Ihre Arbeit in der Arbeitsgruppe im Bistum Essen?

Kohlmeyer: Wir haben uns gefragt, wie wir die Menschen begleiten können, die die Show live bei uns auf dem Burgplatz schauen.

Das heißt, wie können wir die Zuschauer vor dem Event einstimmen. Es wird Menschen geben, unterstelle ich jetzt mal, die kommen, weil Alexander Klaws Jesus Christus singt oder Ähnliches. Aber es werden auch Leute dabei sein, die sich bewusst dafür entschieden haben, die Passion zu gucken, genau diese Geschichte.

Essener Domkirche mit Burgplatz aus der Luft / © Achim Pohl (Bistum Essen)
Essener Domkirche mit Burgplatz aus der Luft / © Achim Pohl ( Bistum Essen )

Diese Menschen machen sich auf den Weg zu uns nach Essen. Wir möchten die ab dem Nachmittag schon begrüßen und ihnen die Möglichkeit geben, sich darauf einzustimmen.

Wichtig ist für uns dann im Anschluss, den Zuschauern die Möglichkeit zu geben, das Gesehene zu verarbeiten. Das hört sich jetzt hochgestochen an, aber wir möchten den Menschen dafür zur Verfügung stehen – für Gespräche, für einen individuellen Segen, für einen Moment der Stille, für das Entzünden einer Kerze im Dom oder in der Marktkirche.

Die Erfahrungen aus den Niederlanden zeigen, dass bei diesem Event sehr, sehr viele Emotionen freigesetzt werden. Mit denen möchte man sich vielleicht nicht sofort in die S-Bahn setzen.

DOMRADIO.DE: Haben Sie oder jemand im Bistum Sorge, das der Grundgedanke der Passionsgeschichte verloren gehen könnte, weil die Show zu sehr auf die möglichst hohe Einschaltquote hin aufgezogen wird?

Kreuzweg Jesu

In Passionspielen wird der Kreuzweg Jesu nachgespielt. Der Kreuzweg erinnert an das Leiden und Sterben Jesu. Dabei handelt es sich um einen Wallfahrtsweg, bei dem der Beter den einzelnen Stationen des Weges Jesu von der Verurteilung bis zum Kreuzestod folgt. Der Begriff meint auch eine Andachtsform, bei der der Beter den Leidensweg innerlich nachvollzieht.

Kreuzweg: Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen (KNA)
Kreuzweg: Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen / ( KNA )

Kohlmeyer: Große Sorge eigentlich nicht, nein. Aber, natürlich ist die Show genau das – auf die Einschaltquote hin aufgezogen. Wir haben im ersten Moment gedacht: "Okay, Privatsender" und waren dann schnell bei der Frage, was mit oder in den Werbeblöcken passiert und an welchen Stellen die platziert werden. Aber nach dem Blick, den ich in das Skript hatte, hatte ich den Eindruck, dass damit gut umgegangen wird.

Alles, was mit populären Darstellern oder mit Popmusik begleitet wird, kann den Geschmack treffen, aber auch daneben gehen. Das kann passieren, weil Lieder verwendet werden, mit denen die Zuschauer etwas völlig anderes verbinden oder aber den Punkt treffen.

Dass die Passionsgeschichte medial aufbereitet wird, kennen wir seit Jahrhunderten. Das passiert immer wieder in unterschiedlichen Formen. Ich bin jetzt sehr gespannt, wie die Essener beziehungsweise die deutsche Produktion von "The Passion" wird. Ich bin überzeugt, dass es nicht nur Klamauk wird. Dafür war das Skript einfach zu gut.

DOMRADIO.DE: Kann das Event die Bedeutung den Menschen näher bringen? Vielleicht sogar denen, die sich von der Kirche entfernt oder abgewendet haben?

Kohlmeyer: Das ist eine Chance dahinter, ja. Die Kollegen von RTL haben gesagt, dass es ihnen vor allem um die übergreifenden Werte gehe. Das stimmt, wäre mir allerdings zu kurz gegriffen. Das Event kann in den Blick rücken, was wir da eigentlich feiern, warum wir es feiern und was für eine Bedeutung die Passion hat.

Das ist eben nicht irgendeine Geschichte, die man zur Vermittlung von Werten erzählt. Dafür hätte man auch andere Geschichten nehmen können, anstatt den Kern einer der großen Weltreligionen.

Dass gerade dieser Glaubenskern in dieser Größe und über einen Privatsender ins Bewusstsein gerückt wird, ist eine sehr, sehr große Chance des Events. Wenn sich die Zuschauer fragen: Was passiert da eigentlich? Was feiern die Christen eigentlich?

Das Interview führte Michelle Ollion.

Quelle:
DR