DOMRADIO.DE: Männer – so erleben wir es im Kino, im Fernsehen, im Alltag – sind tolle Kerle. Sie sind stark, durchsetzungsfähig, pragmatisch, zielorientiert, gerne auch Einzelkämpfer. Kann da in ihrem Leben ein demütiger, womöglich keuscher Heiliger Josef überhaupt eine Vorbildrolle spielen?
Dr. Burkhard Knipping (Referent für Männerseelsorge im Erzbistum Köln): Ja, das ist schwierig, weil Sie die Männer und Josef schon so beschrieben haben. Wenn wir an die Darstellung Josefs denken, die wir immer wieder vor Augen haben, wie er sich müde auf seinen Stab stützt, neben seiner Familie rumsteht und schweigt und schweigt, dann kann er kein Vorbild sein. Aber er ist auf jeden Fall ein Vorbild, wenn wir uns den biblischen Josef angucken und sehen, wie er gelebt und was er getan hat.
Da ist dieser Josef, der eine ganz anständige Lösung schaffen will für seine Verlobte, die plötzlich schwanger ist und nicht von ihm. Dieser Josef ist sehr aufnahmefähig für Gottes Botschaften und setzt diese dann auch sehr klug und tatkräftig um. So bleibt er zum Beispiel mit Maria zusammen, dann bringt er seine Frau und sein Kind aus der Gefahrenzone des Machthabers Herodes und rettet die ganze Familie. Mit dieser Aktivität aus dem Glauben heraus, aus einer Zielstrebigkeit heraus, ist er ein Vorbild.
DOMRADIO.DE: Gucken wir auf die Männer heute und das Verhältnis zur Kirche. Was fehlt möglicherweise Männern, um sich für die Kirche zu interessieren?
Knipping: Ich denke, es wäre ganz wichtig, dass in den Gemeinden noch viel mehr Männer das tun könnten, was ihnen selbst am Herzen liegt in den Glaubensdingen, in der Spiritualität. Wir wissen und wir sehen es auch immer, dass es vielen Männern sehr liegt, etwas zu unternehmen, in die Hand zu nehmen und dabei dann quasi 'en passant' ihre Gedanken zum Glauben und zur Spiritualität auszutauschen. Tätig sein und darüber sprechen – das ist so ihre Form.
Das kann man ganz gut in der erholsamen Natur machen oder in spannenden Aktivitäten. Andere Männer möchten sich ausdrücklich nur mit Männern über ihr Leben und ihren Glauben austauschen. Das kannst du im Pfarrsaal machen oder in der Kneipe. Die Devise muss sein: Männer machen lassen, was ihnen am Herzen liegt. Das ist das Entscheidende. Dann würden sie sich mehr in Gemeinde engagieren, mehr dabei sein.
DOMRADIO.DE: Welche spirituellen Angebote gibt es denn, die Männer motivieren könnten, sich darauf einzulassen?
Knipping: Es gibt viele. Aber ich sage erst mal mein Anliegen vorweg: Es sollte noch an viel, viel mehr Kirchorten spirituelle Angebote für Männer geben. Angebote finden wir vor und die werden auch sehr, sehr gern angenommen: Männerandachten oder Wanderungen und Radtouren mit geistlichen Impulsen, mit Anregungen, mit Gesprächen oder Bibelarbeiten, die auch Männerthemen aufgreifen. Oder ganz klassisch Exerzitien, wo aber dann nur Männer eingeladen sind.
Es gibt viel, das für Männer angeboten wird. Und wenn etwas läuft, dann hat das auch hohe Bedeutung für die Männer und für die Pfarreien. Und deswegen ist es aus meiner Sicht ganz, ganz wichtig, an noch mehr Kirchorten spirituelle Angebote für Männer zu machen.
DOMRADIO.DE: Brauchen Männer denn auch besondere, auf sie zugeschnittene Gebetstexte?
Knipping: Ich denke ja. In Männerrunden, im kleinen Kreis oder in einfachen Formen der Andacht ist es ganz wichtig, dass Alltagsworte mit Erfahrungsgehalt als die beste Ausdrucksweise der Männer genutzt werden. Also zentral ist: In Gebeten muss unmittelbar drinstecken, was Gott "Mann" sagen möchte. Also nicht drum herumreden, sondern klipp und klar sagen, was Gott sagen möchte.
Und noch besser, das ist so meine Erfahrung: Dass Männer selbst die Gelegenheit bekommen, ihr Gebet eigenständig zu formulieren und dieses ihr Gebet dann im Männerkreis – sei es leise oder laut – zu Gott zu beten.
DOMRADIO.DE: Ich habe vorhin herausgehört, für Sie sind die Männer in den Gemeinden nicht aktiv genug. Was müsste denn passieren, damit sich das ändert, damit sie aktiver werden?
Knipping: Aus meiner Sicht wäre ein guter Anpack, dass es die Männer selbst in die Hand nehmen. Sie müssen selbst anpacken, sich in der Pfarrei, in der Gemeinde, mit anderen Männern – also mit Gleichgesinnten, mit Glaubensbrüdern – zusammentun und sich ihre Gelegenheiten schaffen, um über ihren Glauben zu sprechen. Und dies dann auch in der Weise tun, wie sie es tun können, wie es ihnen liegt.
Es gibt da tolle Beispiele im Erzbistum Köln. Ich denke an ein reines Männerforum in Pulheim Brauweiler. Das war vor vielen Jahren von Männern gewollt. Die haben das selbst initiiert, selbst organisiert und auch eigenständig geleitet. Und ich glaube seit fast 10 Jahren ist diese Männerrunde immer noch zusammen. Für so ein tolles, tatkräftiges Vorgehen ist der heilige Josef auch ein tolles Vorbild. Dass die Männer auf ihre eigene innere Stimme hören, die anstehende Aufgabe für sich erkennen und dann wirklich loslegen.
Das Interview führte Katharina Geiger.