Nach einer Hängepartie und einem Richtungsstreit ist der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl (58) am Wochenende zum neuen württembergischen Bischof gewählt worden. Der 58-Jährige erhielt in Stuttgart die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit der Synode der evangelischen Landeskirche - 57 von 84 Stimmen. Gohl sagte zu, auf die verschiedenen Richtungen innerhalb der Landeskirche zuzugehen.
Konservative und Liberale blockierten sich
Der Wahl war eine lange Hängepartie vorausgegangen. Ursprünglich sollte die Entscheidung am Donnerstag fallen. Hier fand aber keiner der drei Bewerber eine Mehrheit - trotz mehrerer Wahlgänge und kontroverser und stundenlanger Beratungen.
Dabei war die Theologin Viola Schrenk (51) als Kandidatin von liberalen Gruppierungen und der Vorstandsvorsitzende eines Diakonie-Unternehmens, Gottfried Heinzmann (56), als Bewerber des konservativen Flügels angetreten. Heinzmann hatte in mehreren Durchgängen jeweils die meisten Stimmen erhalten. Letztlich blockierten sich aber das konservative und das liberale Lager gegenseitig.
Der von Anfang an als Vermittlungskandidat angetretene Gohl hatte sich zunächst nach zwei Wahlgängen zurückgezogen. Die Synode einigte sich aber im fünften Wahlgang am Samstagmorgen auf ihn als neuen Bischof.
Bischof July geht in den Ruhestand
Der scheidende Bischof Frank Otfried July sagte, Gohl sei bereit, Verantwortung zu übernehmen und die anstehenden Herausforderungen anzupacken. Gohl studierte in Tübingen, Bern und Rom evangelische Theologie. Er arbeitete in Böblingen und Plochingen und ist derzeit Dekan in Ulm und Pfarrer am dortigen Münster.
Bei seiner Bewerbungsrede hatte er dazu aufgerufen, christliche Positionen in die gesellschaftlichen Debatten einzubringen. So sei es wichtig, dass die Kirchen für gewaltfreie Konfliktlösungen einträten.
Als große Herausforderungen bezeichnete er es, nachhaltige und gerechte Antworten auf den Klimawandel zu finden. Auch die alles durchdringende Digitalisierung werfe viele Fragen auf.
Der Wechsel im Bischofsamt ist am 24. Juli geplant. Dann tritt July (67) in den Ruhestand. Er leitete die Landeskirche seit 2005. Dabei trat er als geschickter Vermittler zwischen den konservativen und liberalen Strömungen auf. Starkes Gewicht legte July auch auf eine Zusammenarbeit mit den Katholiken. Mit knapp 1,9 Millionen Christen in 1.200 Kirchengemeinden ist die Landeskirche Württemberg die fünftgrößte der 20 Kirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Auch in der zweiten evangelischen Kirche in Baden-Württemberg, der Landeskirche Baden, steht in wenigen Wochen ein Bischofswechsel an. Hier wird die Theologin Heike Springhart am 10. April ihr Amt als Landesbischöfin antreten.