Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Tag der Versöhnung

Gleich nachher mache ich mich auf den Weg nach Hersel in die Ursulinenschule. Dort ist der „Tag der Versöhnung“. Diese Idee eines Schulseelsorgers ist schon ziemlich in die Jahre gekommen und ist trotzdem frisch und neu. Die Idee ist: Die gesamte Schulgemeinde des Gymnasiums und der Realschule hat einen Plan und in den können sich ganze Jahrgangsstufen eintragen, wenn sie das Angebot zu Gesprächen und Beichtgelegenheiten nutzen möchten. Und dann sitzen in der Schulkirche Seelsorgerinnen und Seelsorger beider christlicher Kirchen und sind bereit für die Kinder und Jugendlichen. Manche kommen zu zweit und zu dritt, manche aber auch allein. Weil sie etwas auf dem Herzen haben, dass sie besprechen möchten, dass ihnen Druck und Probleme macht.

Ganz oft sind das die typischen Mädchenprobleme: Zoff in der Klasse, unter den Freundinnen, Ausgrenzung untereinander und Trouble mit den Lehrern. Normal eben. Aber es gibt auch Dinge, die mich jedes Jahr aufs Neue erschrecken: Probleme zu Hause, Trennungen und häusliche Gewalt, Missbrauch im Familienkreis und Schweigegebote, sonst passiere etwas Schlimmes. Und sehr häufig sind die Mädchen in Tränen aufgelöst und versuchen sich mühsam zu beherrschen, um keinen falschen Eindruck zu erwecken. Und oft sind auch die Angebote der Schulen da ziemlich hilflos. Die Vertrauenslehrer sind eben auch Lehrer und Lehrerinnen und das Gefühl, dass ich die ja noch jahrelang im Unterricht habe, ist nicht so vertrauenserweckend.

Manche Probleme lösen sich, wie wir alle wissen ja schon damit, dass da wirklich jemand zuhört. Und wenn Dinge ausgesprochen werden können, drücken sie schon etwas weniger. Und vorsichtiges Nachfragen und klarmachen, dass ich sie verstehe und das Problem sehe, hilft oft sehr. Aber an diesen Tagen der Versöhnung wird mir immer wieder deutlich, wie sehr wir als Kirche und Gesellschaft verlernt haben, auf Wegen der Versöhnung zu gehen: mit mir selber, mit meinem Umfeld, mit Gott. Zu oft suchen wir Sündenböcke und Schuldige, denen wir die Last auflegen können. Wie vor Tausenden von Jahren.Aber eine Frage, eine Sorge miteinander besprechen, zusammen nach Lösungen zu suchen, eine Schulter zum ausweinen zu bieten und das Angebot zu machen, lass uns zusammen in deinem Anliegen beten, das geschieht einfach zu selten.

Immer bevor die Nächsten zu mir kommen, bitte ich Gott um seinen heiligen Geist und um offenes Herz und Ohr und um das richtige Wort, wenn es notwendig ist. Und vielen Mädels ist es ein unglaublich tolles Angebot, nach dem Gespräch ein Teelicht zu bekommen, es an zu zünden und vor den Altar zu stellen: in die Gegenwart Gottes mitten unter uns. So ein Tag der Versöhnung ist sicher auch für manche von uns eine gute Idee, um mal wieder klar Schiff zu machen im Umgang mit mir selbst, mit meinen Mitmenschen und mit Gott.

 

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