Wir sind mitten im Krieg. Wir und unsere betroffenen Brüder und Schwestern in der Ukraine, im Jemen, in Syrien, Kolumbien, Mali, Nigeria, Kamerun, Kongo, Burundi, Äthiopien. Viele dieser Kriege und kriegerischen Auseinandersetzungen gehen seit Jahren und oft ist einfach kein Ende abzusehen. Städte und Dörfer werden sinnlos zerstört, jegliche Infrastruktur wird über Jahre unbrauchbar gemacht, unsinnige, grausame Gewalt wird ausgeübt, Menschen bedroht, beleidigt, gefoltert, getötet. Warum das alles? Jeder weiß, dass Kriege keinen Frieden bringen und besiegte Völker niemals Ruhe geben werden, bis das Unrecht beseitigt wird.
Meine Oma Katharina, die sich ja im Nachkriegsdeutschland auf der eingesperrten ostdeutschen Seite wiederfand, hat immer wieder ein sehr markantes Sprichwort gesagt: „Unrecht Gut gedeihet nicht und kommt nicht in die dritte Generation.“ Da man früher pro Generation 20 Jahre gerechnet hat, ist das mit der DDR genau so gekommen: Nach zwei Generationen war das Unrechtsregime am Ende und die Menschen haben sich darum gekümmert, dass aus zwei Teilen wieder ein Land wurde.
Was in der großen Politik gilt, gilt aber auch im normalen Zusammenleben der Menschen. Es gibt ungerechte Strukturen, ungerechte Gesetzeslagen, ungerechte Verteilung der Güter, Vorurteile und Negativberichte.Die großen Kriege beginnen mit den vielen kleinen Streitereien und Ungerechtigkeiten, dem Streben nach Macht und Einfluss und dem Runtermachen und Kleinhalten der anderen. Die geforderte Umkehr dieser österlichen Bußzeit beginnt genau dort; bei uns selbst und unseren eigenen Möglichkeiten: Streit beenden, Frieden untereinander halten, die Schwachen unterstützen, die Kranken besuchen, sich um die Fremden kümmern, die Nachbarschaft pflegen, sich den eigenen Verwandten nicht entziehen, am Arbeitsplatz fair miteinander umgehen.
Mit den vielen Kriegen in der Welt fühlen wir uns häufig klein und ratlos und hilflos. Mit dem Krieg in der Ukraine ist es ein bisschen anders, weil er so nahe ist und wir aber viel tun und helfen können. Krieg beginnt im Kleinen, aber auch Frieden beginnt im Kleinen, im täglichen Engagement und Einsatz füreinander in der einen Welt mit den nahen und den fernen Geschwistern.