Katholiken im Erzbistum Köln votieren in einer vom Papst angestoßenen Befragung für radikale Reformen in ihrer Kirche. Laut einem vom Erzbistum Köln auf seiner Internetseite veröffentlichten Bericht fordert ein Großteil der Teilnehmenden mehr Selbstbestimmung der Gläubigen. Die Macht der Kirchenleitung und Priester sei deutlich zu reduzieren. Ämter, Dienste und Funktionen sollten nur auf Zeit vergeben werden und Kirchenmitglieder demokratisch mitbestimmen, etwa bei der Bischofswahl.
An der Online-Umfrage "Sag's dem Papst - wie soll die Zukunft der Kirche aussehen?" beteiligten sich den Angaben zufolge vom 1. Februar bis 18. März 1.728 Personen - davon rund 140 in Vertretung einer Gruppe. Sie reichten 5.432 Beiträge und 1.247 Kommentare ein. Das Beteiligungsformat dient der Vorbereitung auf die von Papst Franziskus ausgerufene Weltsynode zur Zukunft der Kirche im Oktober 2023. Von ihm formulierte Fragen sollen zunächst auf Ortsebene behandelt werden.
Die Befragungsergebnisse wurden von einer Agentur nach sozialwissenschaftlichen Standards zusammengefasst. Danach plädieren Teilnehmende für eine "Gewaltenteilung wie in Demokratien" statt für "Priesterzentrierung". Zudem müssten sich Menschen jeglicher sexueller Orientierung sowie mehrmals Verheiratete in der Glaubensgemeinschaft vollumfänglich angenommen fühlen.
Gleichgeschlechtliche Paare müssten sich in der Kirche trauen lassen können und geschiedene Katholiken wieder heiraten dürfen. Gefordert wird ein Schuldeingeständnis der Kirche für die Diskriminierung und persönliche Verletzung von nicht-heterosexuellen Menschen.
Ämter sollten unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung besetzt werden, heißt es weiter. "Frauen sowie Transmenschen sollen in ihrer Berufung alle Weiheämter bekleiden können." Der Zölibat für Amtsträger solle freiwillig und nicht verpflichtend sein.
Weiter verlangen die Befragten eine vollständige Aufarbeitung der Missbrauchsfälle. Hierarchische Strukturen hätten dies in der Vergangenheit stark behindert. Auch Forderungen nach einem Rücktritt des wegen seiner Missbrauchsaufarbeitung in die Kritik geratenen Kölner Erzbischofs Rainer Maria Woelki finden sich in den Antworten; sie seien in der Gesamtbetrachtung aber nicht so zahlreich, "aber eindringlich und im Verlauf des Dialogs präsent und teils scharf diskutiert", heißt es in dem Bericht.
Weniger oft sei darauf verwiesen worden, dass die Kirche nicht dem Zeitgeist unterliegen, an der Priesterweihe nur für Männer und dem Zölibat festhalten sowie Abtreibung, Ehebruch und Homosexualität klar als Sünde benennen solle. (KNA, 26.04.2022)