Kardinal Becciu beteuert in Prozess Unschuld

"Infame Vorwürfe"

Als Opfer "infamer" und "haltloser" Anschuldigungen stellt sich Kardinal Giovanni Angelo Becciu im vatikanischen Finanzprozess dar. Er bekräftigte in einer Erklärung seine Unschuld und Erschütterung über alle Vorwürfe gegen ihn.

Autor/in:
Anna Mertens
Kardinal Giovanni Angelo Becciu / © Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Giovanni Angelo Becciu / © Romano Siciliani ( KNA )

Kardinal Giovanni Angelo Becciu stellt sich im vatikanischen Finanzprozess als Opfer "infamer" und "haltloser" Anschuldigungen dar.

In einer fast 50 Seiten langen "spontanen Erklärung", die der Kardinal in rund zweieinhalb Stunden verlas, bekräftigte er am Donnerstag seine Unschuld und Erschütterung über alle Vorwürfe gegen ihn.

"Jedes kirchliche Amt wurde mir aberkannt; ich wurde an den Rand der Kurie und der Kirche gedrängt", klagte Becciu mit teils brüchiger Stimme. Ganz zu schweigen vom Leid, das seine Familie erlitten habe. Er frage sich: "Warum wurden diese falschen Anschuldigungen dem Heiligen Vater gemeldet? Zu welchem Zweck?"

Veruntreuung, Amtsmissbrauch und Verleitung zur Falschaussage

Becciu, bis 2018 als Substitut an einer Schaltstelle im Staatssekretariat tätig, werden im großen vatikanischen Finanzprozess Veruntreuung und Amtsmissbrauch sowie Verleitung zur Falschaussage vorgeworfen.

Kardinal Giovanni Angelo Becciu / © Paul Haring/CNS photo (KNA)
Kardinal Giovanni Angelo Becciu / © Paul Haring/CNS photo ( KNA )

Im Kern geht es in dem Prozess mit weiteren neun Angeklagten um finanzielle Unregelmäßigkeiten und Verluste von rund 270 Millionen Euro beim Erwerb einer noblen Londoner Immobilie. Hierbei sollen Berichten zufolge auch Spenden aus der päpstlichen Sammlung "Peterspfennig" benutzt worden sein; ein Vorwurf, den Becciu ausdrücklich zurückwies.

Fragwürdige Überweisungen

Dem Kardinal werden zudem fragwürdige Überweisungen in sein sardisches Heimatbistum an eine karitative Kooperative unter Leitung seines Bruders angelastet, außerdem Zahlungen an die ebenfalls angeklagte Sicherheitsberaterin Cecilia Marogna.

Gerichtsprozess zum vatikanischen Finanzskandal / © Vatican Media (KNA)
Gerichtsprozess zum vatikanischen Finanzskandal / © Vatican Media ( KNA )

Auch hier wies Becciu alle Vorwürfe sowie Spekulationen über eine private Beziehung der beiden zurück. Es sei eine rein professionelle Zusammenarbeit gewesen. Alle anderen Behauptungen zeugten "von mangelnder Rücksichtnahme auf Frauen im allgemeinen".

Augenmerk auf Alberto Perlasca gelegt

Besonderes Augenmerk legte der 73-Jährige in seinem Monolog auf Alberto Perlasca. Dieser überblickte als Verwaltungsleiter im Staatssekretariat bis 2019 dessen Finanzaktionen. Gegen ihn wurde nicht Anklage erhoben; vielmehr ist er Hauptzeuge. Der Streit über Einsicht in Audio- und Videoaufnahmen von Befragungen Perlascas hatte den Prozess monatelang verzögert. Erstmals war ein Anwalt Perlascas beim Prozess anwesend.

Oberhaupt "eines kleinen Reiches"

Perlasca habe sich als Leiter des Verwaltungsbüros quasi wie das Oberhaupt "eines kleinen Reiches" gefühlt, er sei "jähzornig" und "empfindlich" gewesen. Als er im Zuge der Ermittlungen von allen Aufgaben entbunden wurde, habe er mit Selbstmord gedroht.

Vatikanbank (dpa)
Vatikanbank / ( dpa )

Dennoch habe er sich stets auf die große fachliche Expertise Perlascas verlassen und ihm vertraut, so Becciu. Der Kontakt sei freundlich gewesen - bis zu einem Abendessen 2020. Da sei er von Perlasca quasi verhört worden. Dass er bei diesem Gespräch von seinem ehemaligen Untergebenen wohl auch abgehört wurde, treffe ihn sehr, so Becciu.

Jegliches Fehlverhalten zurückgewiesen

Bereits in den vergangenen Wochen hatten die früheren Verantwortlichen der vatikanischen Finanzaufsicht AIF, Ex-Präsident Rene Brülhart und Ex-Direktor Tommaso di Ruzza, jegliches Fehlverhalten zurückgewiesen. Beide betonten, dass sie keinerlei Aufsichtsrolle, gar Machtbefugnisse gegenüber dem Staatssekretariat gehabt hätten. Beiden wird Amtsmissbrauch, Di Ruzza zudem Veruntreuung und Verletzung des Amtsgeheimnisses vorgeworfen. Der Ex-Sekretär von Becciu, Mauro Carlino, beteuerte ebenfalls seine Unschuld.

Als weitere Angeklagte noch zu befragen sind Marogna, die italienischen Finanzmakler Enrico Crasso und Gianluigi Torzi, der Fondsmanager Raffaele Mincione, der Rechtsanwalt Nicola Squillace sowie Finanzvermittler Fabrizio Tirabassi.

Finanzen im Vatikan

Als zentrale Leitungsbehörde einer weltweiten Organisation sowie als Träger karitativer Einrichtungen hat der Heilige Stuhl hohe laufende Kosten, die meisten davon für Personal. Die Einnahmen kommen aus sehr unterschiedlichen Quellen.

Dazu zählen im Vatikan die Gewinne der Vatikanbank IOR aus Gebühren und Zinsen sowie die an den Heiligen Stuhl abgeführten Gewinne des Vatikanstaates, etwa aus Eintrittsgeldern oder dem Verkauf von Briefmarken.

Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms.  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms. / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA