Eine Regenbogenflagge auf dem Altar und glückliche, gesegnete Liebespaare: In einem katholischen Gottesdienst in München waren am 10. Mai 2021 erstmals mehrere gleichgeschlechtliche Paare gesegnet worden. "Der Himmel war offen", sagte der damals sichtlich gerührte Pfarrer Wolfgang Rothe nach dem gewissermaßen historischen Gottesdienst in der katholischen Kirche St. Benedikt. Er wolle "ein Zeichen setzen". "Mein Anliegen ist, das aus den kirchlichen Hinterhöfen rauszuholen - dahin, wo es hingehört: mitten in das kirchliche Leben", sagte Rothe. Auch die 48 Jahre alte Christine Waldner und ihre Partnerin Almut Münster waren von der Zeremonie gerührt: "Es war sehr bewegend."
Katholische Priester überall in Deutschland haben unter dem Motto #liebegewinnt Segnungsgottesdienste für alle liebenden Paare angeboten - egal ob schwul, lesbisch oder heterosexuell. Es war 2021 ein orchestrierter Protest gegen das von der Glaubenskongregation im Vatikan ausgesprochene, kategorische Verbot, homosexuelle Paare zu segnen.
Rund um den Hauptaktionstag - eine Woche vor dem Internationalen Tag gegen Homophobie - waren in einer Online-Liste Gottesdienste überall in Deutschland eingetragen. Gesegnet wurde von Aachen bis Zornheim, von München über Würzburg, Frankfurt, Köln und Berlin bis Quakenbrück. Klare Schwerpunkte lagen im Norden und Westen. Nur vier offiziell angekündigte Segnungsmessen gab es in Bayern - drei in Würzburg und die mit Priester Rothe in München.
Die Segnungsgottesdienste waren der vorläufige Höhepunkt einer Welle, die der Vatikan unter vielen Katholiken in Deutschland und inzwischen auch unter katholischen Priestern mit seinem Nein ausgelöst hatte. Angst vor Konsequenzen hatte er nicht, sagte Priester Rothe: "Wir schwimmen auf einer Woge der Sympathie." (dpa, dr, 09.05.2022)