Im Bistum Aachen gibt es fortan einen Betroffenenrat aus sieben Personen, die sexuellen Missbrauch durch Geistliche und andere kirchliche Mitarbeitende erfahren haben. 34 Betroffene haben am Wochenende die Mitglieder des Rates aus ihren Reihen gewählt, wie das Bistum Aachen am Dienstag mitteilte. Der Rat werde sich zunächst eine eigene Geschäftsordnung geben und sodann mit dem Bistum Vereinbarungen zur eigenständigen und weisungsunabhängigen Arbeit treffen.
Vergangenen November hatte eine Steuerungsgruppe alle rund 120 Betroffene angeschrieben, die der Diözese bekannt sind. In diesem Jahr gab es bereits mehrere Treffen von Betroffenen, 48 von ihnen interessierten sich laut Bistum für die Gründung eines Rates. Er werde sich unter anderem für die Anerkennung und Aufarbeitung des Leids Betroffener einsetzen. Auch solle er die Arbeit des Bistums hinsichtlich von Prävention und Intervention begleiten.
Im Vorfeld hatte die Steuerungsgruppe dem Bistum zufolge bereits Rahmenbedingungen für den Rat und seine Zusammenarbeit mit dem Bistum erstellt. Bischof Helmut Dieser habe diese für verbindlich erklärt. Zu den Vereinbarungen gehöre etwa, dass der Betroffenenbeirat zwei Mitglieder in die Aufarbeitungskommission des Bistums entsenden und von der Diözese nötige Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommen soll. Der Rat solle sich regelmäßig mit dem Bischof und seinen Vertretern austauschen und die Diözese hinsichtlich ihrer Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt beraten.
Im November 2020 veröffentlichten Rechtsgutachter eine vom Bistum Aachen beauftragte Missbrauchsuntersuchung. Das Gutachten beleuchtete auch die Frage, wie Führungskräfte mit beschuldigten Priestern umgingen. Namentlich belastet werden neben bereits gestorbenen Amtsträgern Altbischof Heinrich Mussinghoff und der frühere Generalvikar Manfred von Holtum. Sie hätten häufig eine "unverdiente Milde" gegenüber verdächtigten und verurteilten Geistlichen walten lassen und diese oft wieder in der Seelsorge eingesetzt, so die Gutachter. Bischof Dieser verlangte von ihnen "Zeichen der Reue". (KNA, 3.5.22)