Klösterliche Prinzipien im Lauf des Jahres

Die Klausur als Schutzraum für die Gemeinschaft 

Das Klosterleben fasziniert viele Menschen, auch weil es sich so stark vom eigenen Alltag unterscheidet. In einer monatlichen Reihe stellen wir verschiedene klösterliche Prinzipien vor - im Juni: die Klausur.

Autor/in:
Kerstin-Marie Berretz OP
Schild weist auf den Klausurbereich der Benediktinerabtei Sankt Mauritius zu Tholey / © Julia Steinbrecht (KNA)
Schild weist auf den Klausurbereich der Benediktinerabtei Sankt Mauritius zu Tholey / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Wer Gäste zu sich nach Hause einlädt, hat schon vorher im Sinn, welche Räume dafür ordentlich sein sollten: Flur, Wohn- oder Esszimmer, das Bad und vielleicht noch die Küche. Die anderen Räume wie Schlafzimmer, Kinderzimmer, Arbeitszimmer oder Abstellkammer betreten die Gäste normalerweise eher nicht. Da kann man also die Dinge entspannt sehen, und es muss nicht alles tipptopp sein. 

Ebenso sind manche Orte einer Wohnung einfach auch recht privat, so dass es normal ist, dass Gäste sie eher nicht sehen. Denn sie sind ja auch die Räume, in denen sich die Familienmitglieder zurückziehen können, die an einem Besuch vielleicht nicht so sehr interessiert sind. Daher ist es völlig normal, dass man auch bei guten Freunden nicht jedes Zimmer gesehen hat oder nicht weiß, was sich hinter jener Tür verbirgt.

Katholische Orden in Deutschland

Zur Deutschen Ordensoberkonferenz (DOK) mit Sitz in Bonn gehören heute nach eigenen Angaben rund 400 Obere. Sie vertreten 17.000 Ordensleute. Darunter sind etwa 300 Frauengemeinschaften mit rund 13.500 Mitgliedern, die in 1.144 klösterlichen Niederlassungen leben.

 Ordensfrau im Weinberg
 / © Julia Steinbrecht (KNA)
Ordensfrau im Weinberg / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Auch ein Kloster braucht Räume, die privat sind

Ganz ähnlich ist es im Kloster: Hier leben verschiedene Menschen zusammen, die zwar den gleichen Lebensstil haben, aber verschiedenen Aufgaben nachgehen und unterschiedliche Bedürfnisse haben. Da ist es nur natürlich, dass es auch im Kloster Räume und Zimmer braucht, die privat sind, zu denen nicht jeder Gast Zutritt hat. Das ist die Klausur. In ihr geht es nicht darum, dass die Brüder oder Schwestern weggesperrt werden von der Welt. Vielmehr bildet die Klausur den Schutzraum, in dem sich der klösterliche Alltag gestalten lässt. 

Ähnlich wie die Zelle der private Lebensraum der einzelnen Schwester oder des einzelnen Bruders ist, so ist die Klausur der private Lebensraum der ganzen Gemeinschaft. Denn auch sie braucht ja Rückzugsräume, in denen sie miteinander schweigen kann, in denen sie essen und diskutieren sowie sich als Gemeinschaft erholen kann. Damit wird auch deutlich, warum manche Klausurtüren von außen keine Klinke haben: Es geht darum, die Gemeinschaft vor der Außenwelt zu schützen.

Schutz vor wilden Tieren

Nur sie kann bestimmen, wer Zutritt zur Klausur haben soll. Aus diesem Gedanken des Schutzes vor der Außenwelt entstand überhaupt auch die Klausur: Die Eremiten in den ersten Jahrhunderten in der Wüste schützten sich vor wilden Tieren, indem sie ihre Behausungen näher aneinander brachten und sie mit einer Mauer umgaben. So hatten sie Ruhe vor den Tieren. Und so hat eine Gemeinschaft Ruhe vor der Welt, wenn sie die Klausurtür schließt. Deswegen kann man zwar nicht einfach so in die Klausur reinkommen, aber man kommt jederzeit wieder raus. Denn innen haben alle Türen Klinken.

Und so bietet die Klausur den großen Schutzraum der ganzen Gemeinschaft. Hier können sich Brüder und Schwestern erholen, wenn sie von der Arbeit kommen. Hier können sie die Stille zum Gebet finden. Und hier können sie so sein, wie sie sind. Manchmal auch ohne Habit oder Schleier. Das wäre natürlich nur schwer möglich, wenn alle Menschen, die ein Anliegen haben, bis in alle Räume durchlaufen könnten. Oder wenn jede Besucherin und jeder Besucher einer Schwester gleich mit ins Refektorium käme. Dann würde es manchmal wahrscheinlich eher wie in einem Bienenstock zugehen, und der Schutz der einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft wäre nicht gegeben. So ist aber für alle klar: Die Klausur ist erst einmal privat.

Klösterliche Klausur als Impuls

Und nur in bestimmten Fällen können Menschen von außen die Klausur betreten. Für normale Besuche, Besprechungen und Treffen gibt es stattdessen Räume im Pfortenbereich. Sie sind vergleichbar mit dem heimischen Wohnzimmer, in dem man gerne Gäste willkommen heißt. Hier kann man sich in Ruhe unterhalten und Zeit miteinander verbringen. Im Gästerefektorium kann man zusammen essen und gute Gaben teilen. Das zeigt: Gäste sind also auf jeden Fall willkommen. Aber um sich immer wieder auf andere Menschen einlassen zu können, brauchen Ordensleute ihre Rückzugsräume, eben die Klausur.

So kann die klösterliche Klausur auch für die eigenen vier Wände ein Impuls sein, noch einmal darüber nachzudenken, wer wo hinkommt und wie es dort ausschaut. Finden es alle Familienmitglieder gut, wenn Fremde alle Familienfotos sehen können? Welche Türen stehen immer offen, und welche Türen bleiben geschlossen? Nicht, um andere einzusperren, sondern um gute Orte zu schaffen, an denen sich alle wohl fühlen können.

Quelle:
KNA