Sommerferien. Zwei Mädchen im Irland der 1950er Jahre. Gelangweilt schleichen sie durchs Dorf. Plötzlich zitiert die eine ihre Lehrerin Miss O’Connor, die sagt nämlich immer: “Count your blessings”.
Die kleine Szene habe ich irgendwann in einem der vielen Bücher der irischen Autorin Mavie Binchy gefunden.
Die kleine Szene ist nicht der Rede wert. Aber den Spruch der Lehrerin habe ich nie wieder vergessen.
Count your blessings. Wörtlich, zähl Deine Segnungen. Also vielleicht: Schau auf den Segen in Deinem Leben.
Was für eine wunderbare Pädagogik.
Count your blessings, ist natürlich nicht exklusiv irisch. Von alters her leiten alle Kulturen und Religionen die Menschen an, auch auf das Positive zu schauen, auf das, was gut ist. In ihnen. In ihren Mitmenschen. Und im Leben.
Und so ist es ja: Das Gute ist ja da. Immer.
Die Frage ist nur, ob wir es wahrnehmen, ob wir hinschauen. Das klingt so leicht. Eigentlich.
Uneigentlich aber ist unser Gehirn leider sehr begrenzt. Wir haben nur eine eingeschränkte Möglichkeit, Dinge bewusst zu denken. So kommt es, dass die meisten der 60 000 Gedanken, die wir jeden Tag so denken, uns nicht mal bewusst sind.
Und das Schlimmste an diesen unbewussten Gedanken ist: Fast alle sind negativ.
Ganz fatal wird es, weil wir denken, diese, unsere zumeist unbewussten, negativen Gedanken seien die Wahrheit. Die ganze Wahrheit.
Auf der Strecke bleibt die andere Hälfte der Wahrheit. Das Gute.
Der Segen.
All der viele Segen in unserem Leben. Das warme Wasser in Hahn und Dusche. Das Dach über dem Kopf. Das Essen auf dem Tisch. Das kuschelige Bett am Abend.
Die Krankenhäuser, Schulen und kostenlosen Universitäten in jeder Stadt. Ach, und unsere Rechte auf freie Rede und unsere Möglichkeit demokratisch zu wählen, erst.
Wie leicht das alles so selbstverständlich zu nehmen und damit glatt zu übersehen. Zum Glück zählen zum Segen noch zwei gute Nachrichten über unser Gehirn. Die erste gute Nachricht: Das Gehirn ist enorm lernfähig. Und zweitens, alles, was wir oft tun, wird immer leichter.
Ich bin sicher, je öfter wir unseren Segen zählen, desto eher sehen, merken, fühlen wir den Segen in unserem Leben.
Und desto stärker und gewappneter fühlen wir uns, um das unsrige zu tun: Gegen die Klimakatastrophe, für den Frieden und für eine Welt, in der wir gerne leben.
Ich wünsche besonders viel pfingstlichen Segen.