DOMRADIO.DE: Kritiker sprechen von einem sozialen Kahlschlag. Was hat es denn für Folgen, wenn Mittel für die Eingliederung von Arbeitslosen auf den Arbeitsmarkt gekürzt werden?
Andrea Raab (Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V.): Es ist zumindest ein heftiger Einschlag. Es wird dazu führen, dass insbesondere für benachteiligte Langzeitarbeitslose im Zweiten Sozialgesetzbuch, also im sogenannten Hartz IV- System, noch weniger Mittel zur Verfügung stehen als schon jetzt. Also Mittel, die ihnen helfen, wieder in Arbeit kommen zu können, zum Beispiel durch einen Lohnkostenzuschuss zu öffentlich geförderter Beschäftigung, aber auch zu Beratung, zu Coaching, zu beruflichen Qualifizierungen. Dieser Eingliederungstitel umfasst sozusagen fast alles, was für Menschen im Sozialgesetzbuch 2, im Hartz IV-Bezug, wichtig ist, um wieder in Arbeit kommen zu können.
DOMRADIO.DE: Aber wenn diese Menschen Langzeitarbeitslose bleiben, ist das auch recht teuer, oder?
Raab: Das ist absolut kurzsichtig. Es ist arbeitsmarktpolitisch falsch. Es ist sozialpolitisch eine Katastrophe. Aber es ist auch finanzpolitisch absolut unklug. Denn diese Menschen leben ja und bekommen Gott sei Dank in Deutschland Leistungen zum Lebensunterhalt.
Sie sind da und es gibt Möglichkeiten, diese Leistungen zum Lebensunterhalt, die gezahlt werden müssen, auch anteilig in Lohnkostenzuschüsse zu transferieren. Das nennt man Passiv-Aktiv-Tausch.
Das ist für meine Begriffe bei den jetzigen Planungen der Bundesregierung noch überhaupt nicht genug als Möglichkeit im Blick.
DOMRADIO.DE: Was tun Sie ganz konkret, um Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt zu bringen?
Raab: In der Caritas im Erzbistum Köln sind über 30 Träger engagiert, die langzeitarbeitslosen Menschen Beratung, Qualifizierung und auch öffentlich geförderte Beschäftigung anbieten, zum Beispiel in der Hauswirtschaft, in der Hausmeisterei, in den eigenen Diensten und Einrichtungen wie etwa Altenheimen, aber auch in sogenannten sozialen Betrieben.
Da kennt man Sozial-Kaufhäuser, da kennt man Rad-Stationen. Ein ganz wichtiges Projekt, wo wir das tun, ist unser Stromspar-Check. Wenn nun keine Mittel mehr zur Verfügung stehen, damit Menschen in solchen Angeboten arbeiten können, dann fallen auch diese Angebote weg. Das muss jedem klar sein.
DOMRADIO.DE: Sehen Sie noch eine Chance, dass die Bundesregierung da noch mal einlenkt?
Raab: Dafür werden wir uns natürlich einsetzen. Unsere Hoffnung ist, dass das Parlament am Ende anders entscheidet. Denn noch sprechen wir von Vorlagen der Bundesregierung, die sehr ärgerlich sind. Aber der Haushalt wird im Parlament beschlossen. Deswegen gehen wir jetzt auf jeden einzelnen und jede einzelne Abgeordnete zu und versuchen deutlich zu machen, dass das ein Sparen am falschen Ende ist.
Das Interview führte Hilde Regeniter.