DOMRADIO.DE: Wir sprechen ja relativ häufig mit Ihnen über Fußball. Wir sprechen selten über Frauenfußball. Wie stehen Sie denn erst mal allgemein dazu?
Schwester Katharina Hartleib OSF (Olper Franziskanerin und Fußball-Fan): Das ist ja das Spannende. Den Männerfußball viel länger gibt. Das ist das eine.
Aber es gab gerade auch in Deutschland unglaublich viele Schranken und Begrenzungen für Frauenfußball. Häufig hörte man, dass sei nichts für Mädchen. Diese sollten nicht Fußball, sondern "freundlichere Sachen" wie Volleyball und Handball spielen, hieß es dann etwa. Es hat lange gedauert, bis es sich etablieren konnte. Von daher denke ich, dass diese Zeit zum Einholen des Männerfußballs schwierig ist.
DOMRADIO.DE: Haben Sie das auch als junge Frau beziehungsweise als fußballbegeistertes Mädchen so mitgekriegt?
Schwester Katharina: Ich selber gebe gerne zu, dass ich lieber Männerfußball gucke. Er ist viel rasanter und viel körperbetonter. Je öfter ich aber Frauenfußball gucke, desto mehr merke ich, dass es viel mehr technische Raffinesse gibt und sehr schnell geworden ist.
Und beim Frauenfußball gibt es nicht so viele Schauspiel-Einlagen. Das gefällt mir sehr gut. Beim Männerfußball ist es manchmal schon wirklich blamabel, wenn jemand bei einem Foul liegen bleibt und ein unglaubliches Theater macht und fünf Minuten später wieder rennt. Das habe ich bei Frauenfußball noch nie gesehen und das gefällt mir schon wirklich besser.
DOMRADIO.DE: Am Freitagabend startet die deutsche Mannschaft gegen Dänemark ins Turnier. Was erwarten Sie sich da? Werden Sie es angucken?
Schwester Katharina: Ob ich es mir angucke, weiß ich noch nicht. Ich bin gerade aus den USA zurückgekommen und muss noch ein bisschen mit der Zeitumstellung gucken. Aber ich denke, eine Halbzeit werde ich mir gönnen.
Ich erwarte schon, dass die deutsche Mannschaft Druck macht, denn sie hat die schwierigste Vorrunden-Gruppe erwischt.
Dänemark hat einfach unglaublich Lust. Die sind bei der letzten Austragung Vize-Europameister geworden. Ich glaube, die wollen die Deutschen schon überrumpeln. Aber man merkt der deutschen Mannschaft an, dass sie Luft haben und dass sie sich ihrer Stärken auch mehr bewusst sind als bei den letzten Turnieren.
DOMRADIO.DE: Die Preisgelder wurden im Gegensatz zum letzten EM von 8 Millionen auf 16 Millionen verdoppelt. Für die Männer gab es aber bei der letzten EM 371 Millionen Euro. Wie finden Sie das?
Schwester Katharina: Das ist wie in vielen anderen Sportarten völlig ungerecht. Das hat damit zu tun, dass sich der Männerfußball mittlerweile als Industrie entpuppt hat. Selbst im Männerfußball profitieren nur ganz wenige davon.
Mir gefällt, dass die finanzielle Gleichstellung mit den Männern für die deutsche Mannschaft nur ein Aspekt ist.
Eigentlich wichtiger ist ihnen, für bessere Bedingungen für Mädchen und junge Frauen in ihren Vereinen zu kämpfen. Sie sollen die gleichen Möglichkeiten wie die Männer und die Jungen-Mannschaften bekommen. Das scheint mir ein relativ gutes Ziel zu sein.
DOMRADIO.DE: Was erwarten Sie sich von Deutschland?
Schwester Katharina: Bei den letzten beiden Turnieren sind sie immer im Viertelfinale ausgeschieden. Ich habe im Moment nicht so die Übersicht. Ich würde einfach hoffen, dass sie weiterkommen. Aber man weiß es nicht. Das ist wie eine Wundertüte. Ich würde mir ein nettes Wunder wünschen.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.