DOMRADIO.DE: Haben Sie denn dieses Geld auch beantragt?
Ralf Promper (Einrichtungsleiter der Kontakt- und Beratungsstellen für Wohnungslose bei Sozialdienst Katholischer Männer Köln e.V.): Wir haben das Geld beantragt für den SKM und wir haben auch 2.500 Euro zur Verfügung gestellt bekommen.
DOMRADIO.DE: Heiß wird es aber ja eigentlich in jedem Sommer. Warum, denken Sie denn, ist die Politik erst jetzt zum ersten Mal darauf gekommen, Gelder dafür bereitzustellen?
Promper: Also ich denke, das hängt mit den zwei Hitzesommern zusammen, die wir vor zwei und drei Jahren hatten. Da ist es einfach mal deutlich geworden, dass die Leute, die sich im Straßenbild befinden, wirklich leiden. Die Kältehilfen gibt es ja seit vielen, vielen Jahren. Und jetzt ist klargeworden, die Leute sind einfach auch sichtbarer und wir müssen denen dringend helfen.
DOMRADIO.DE: Ist denn dieses Geld ein Tropfen auf den heißen Stein oder hilft Ihnen das wirklich?
Promper: Also das hilft uns erst mal, aber es ist für uns natürlich in den Kontakt- und Beratungsstellen kein neues Thema. Bei uns ist es wirklich seit Jahren so, wenn es heiß wird, dann stellen wir den Leuten Eistee auf den Tisch. Und bewerben auch aktiv, dass die Leute viel trinken. Wir haben auch immer einen Arzt vom Mobilen Medizinischen Dienst hier im Hause, der sich die Leute anguckt. Das heißt, unsere Aufgabe ist es, den Leuten zu sagen: Trinkt bitte weniger Alkohol und guckt, dass ihr wirklich viel, viel Flüssigkeit zu euch nehmt!
DOMRADIO.DE: Wie dramatisch ist die Situation jetzt Sommer, im Vergleich zum Winter?
Promper: Bei vielen ist die Einsicht da, sich entsprechend zu verhalten. Die gehen in den Schatten und trinken genug Alkoholfreies. Aber es sind natürlich auch einige Leute auf der Straße unterwegs, die das gar nicht so richtig einschätzen können, die sich dann, nachdem sie Alkohol konsumiert haben, irgendwo auf eine Rheinwiese legen und ein kleines Schläfchen machen. Und da ist es wichtig, dass wir alle immer die Augen offenhalten. Wo ist einer, der vielleicht nicht so ganz mit der Hitze umgehen kann, um dann entsprechend auch zu reagieren.
DOMRADIO.DE: Sie leiten ja auch das Café-Rochus in Köln, eine Kontakt- und Beratungsstelle für Wohnungs- und Obdachlose. Was bieten Sie da denn den Menschen zum Schutz noch an?
Promper: Wir sind so eine Art Wohnzimmer für die Leute, ein Schutzraum, dass sie sich einfach in einem etwas kühleren Raum aufhalten und entspannen, zur Ruhe kommen können. Das eben genannte medizinische Angebot ist da; und ansonsten ist es die Rundumversorgung, da gibt es zu essen, die Wohnungs- und Obdachlosen können duschen, wichtig für die eigene Körperhygiene. Und dann gucken wir natürlich auch, sind die Leute entsprechend versorgt mit Kleidung, die zur Hitze passt? Wir können den Leuten jetzt auch Sonnencreme zur Verfügung stellen, müssen aber leider häufig schon die Sonnenbrände behandeln.
Und was ganz, ganz wichtig ist, ist die Versorgung mit Flüssigkeit. Und da gucken wir jetzt auch, dass die Leute Thermo-Trinkflaschen mitnehmen können. Es gibt in Köln mittlerweile einige Trinkbrunnen, wo man sich kostenlos Wasser abzapfen kann. Das ist ein Projekt von der "RheinEnergie" und von der Stadt Köln. Es gibt ja mittlerweile die Aktion "Refill Deutschland", bei der Gaststätten entsprechende Aufkleber draußen an der Tür haben, die besagen: Ihr könnt hier kostenlos Wasser zapfen. Und damit die Leute das machen können, ist es natürlich gut, wenn die entsprechende Gefäße dabei haben, die kühlhalten und die auch nicht so schwer sind.
DOMRADIO.DE: Kann ich selbst dann auch etwas tun, wenn ich einen obdachlosen Menschen sehe, der da in der prallen Sonne liegt oder sogar schläft?
Promper: Das erste ist, so ein Gefühl zu bekommen, ob da akute Gefahr im Verzug ist. Und wenn Sie sehen, der könnte da jetzt wirklich in eine schwierige Situation kommen, wäre das erste zu überlegen: Kann ich mir vorstellen, den anzusprechen. Wenn Sie sich das nicht trauen, wofür ich Verständnis habe, wäre die Frage, ob Sie den Notruf 112 wählen und dann der Feuerwehr sagen: Ich sehe da einen Mann in der prallen Sonne, ich traue mich nicht, den anzusprechen. Und die Einschätzung müsste dann letztendlich beim Rettungsdienst liegen.
Aber wenn Sie sich trauen, die Leute anzusprechen, dann kann man natürlich auch mal fragen: Was braucht ihr noch? Und dann werden die Leute sich auch entsprechend artikulieren. Und wenn man einfach an jemandem vorbeigeht und sich vielleicht nicht traut, macht es auch Sinn, dem eine Flasche Wasser zu spenden. Wenn es dann eine Plastikflasche ist, dann ist die schön leicht, hat einen Pfandwert von 25 Cent und dann kann man vielleicht mit einem kleinen Nicken mal an jemandem vorbeigehen und ihm die Wasserflasche hinstellen. Der wird die definitiv nicht ablehnen. Aber besser wäre es natürlich tatsächlich, die Leute anzusprechen, denn da freuen sie sich sehr darüber, wenn sie einfach vom Normalbürger auch mal wahrgenommen werden und einfach ein Schwätzchen halten können.
DOMRADIO.DE: Ein Thema, das uns alle betrifft, sind die überall steigenden Preise. Wir achten mehr aufs Geld, spenden zukünftig vielleicht auch weniger. Wie nehmen Obdachlose die Situation wahr?
Promper: Zunächst ist die Angst bei den Leuten natürlich da, dass es jetzt auch entsprechend weniger werden wird. Noch laufen die "Geschäfte", das Schnorren, einigermaßen gut. Aber das hängt natürlich damit zusammen, dass momentan Sommerferien sind. Es sind viele Touristen in Köln unterwegs, und die hinterlassen natürlich auch viel Flaschenpfand. Noch geht es, aber es ist natürlich absehbar, wenn der normale Bürger sparen muss, dass der dann auch nicht mehr so schnell Pfandflaschen in den Müll wirft oder eher auch guckt, dass er sich selbst versorgt. Da warten wir drauf; und ich denke auch, die Anzahl der Leute, die unsere Kontakt- und Beratungsstelle aufsuchen werden, wird auch zunehmen. Bei der Gasmangellage, die auf uns zukommt, werden viele Leute die Miete nicht zahlen können und dann brauchen sie natürlich entsprechend die Hilfen. Und da stellen wir uns jetzt auch schon darauf ein.
Das Interview führte Julia Reck.