DOMRADIO.DE: Warum engagieren Sie sich mit 18 für eine Institution, die offenkundig viele Probleme hat?
Johanna Müller (Synodale aus dem Bistum Münster): Ich glaube, wenn man einmal so in die Kirche reingewachsen ist, dann hängt man da so drin. Und ich glaube, das hängt auch damit zusammen, wie viel Kontakt man dazu durch seine Familie bekommt.
Ich denke nicht, dass junge Menschen da noch groß von selbst reinfallen, wenn sie das nicht von klein auf tun oder sie wenden sich irgendwann davon ab. Das ist bei mir bisher nicht passiert. Und ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.
Gerade beim Synodalen Weg ist man an etwas dran, was sich eigentlich mit Reformen und Derartigem beschäftigt. Von daher möchte ich etwas dafür tun, dass es nicht so bleibt, wie es jetzt ist.
DOMRADIO.DE: Was sagt Ihr Umfeld, wenn Sie sagen, dass Sie noch Mitglied in der katholischen Kirche sind und sich auch dort engagieren?
Müller: Das wird auf jeden Fall akzeptiert und respektiert. Verständnis dafür existiert weniger. Das wird mir zwar nicht so entgegengebracht, aber das spüre ich ein wenig.
Am ehesten finden die Leute es noch cool, wenn ich davon erzähle, dass ich mich beim Synodalen Weg engagiere. Das ist etwas, womit sie was anfangen können und bei dem sie merken: "Die Themen, die wir auch total kritisieren, die geht die an".
Beim Thema Kirche an sich und auch beim Thema Glaube gibt es in meinem Umfeld wenig Gemeinsamkeiten. Ich kann nicht für alle sprechen, aber ich denke das gilt für den Großteil der Generation, die ja doch sehr säkular unterwegs ist.
DOMRADIO.DE: Der Synodale Weg ist nicht unbedingt etwas, bei dem man erwarten würde, dass eine junge Zielgruppe weiß, was das ist.
Müller: Das erzähle ich Interessierten dann gerne. In der Schule ist das tatsächlich schon ein Thema. Gerade wenn in den Medien viel los ist, werde ich angesprochen, weil da Interesse der anderen besteht, sich auszutauschen.
DOMRADIO.DE: Sie sind offiziell als Vertreterin der Jugend berufen. Welche Wünsche und Bedürfnisse hat die Jugend denn beim Thema Kirche?
Müller: Ich denke, dass die Kirche so mit sich selbst beschäftigt ist, dass sie gar nicht mitbekommt, wen sie momentan erreicht oder auch vergisst.
Mit viel Aktionismus, also altbackenen Jugendgottesdiensten, die in den Siebzigern stehen geblieben sind, erreicht man unsere Generation einfach nicht mehr.
Ich würde eher schauen: Wer ist noch da? Wo engagieren sich Leute? In Messdienergruppen, in Chören und vieles mehr.
Da sind noch junge Leute aktiv, auf die muss man zugehen. Die Kirche hat gerade sehr viele andere Baustellen und kann das nicht so richtig bearbeiten. Sie ist jetzt schon überfordert, wenn ich das mal so sagen darf.
DOMRADIO.DE: Wenn Sie den Verantwortungsträgern in der deutschen Kirche oder im Vatikan, etwas mit ins Stammbuch schreiben könnten, stellvertretend für die Jugend, was würden Sie denen gerne mitteilen?
Müller: Wenn ich jetzt auch noch mal auf den Synodalen Weg schaue, würde ich ihnen sagen, dass sie das Gespräch suchen, vernünftig argumentieren und mit allen Menschen und allen Gläubigen reden sollten. Da sollte es keine Rolle spielen, ob es geweihte Menschen sind oder nicht.
Es geht nicht mehr um irgendwelche Machtfragen, sondern einfach um Argumente und um Fortschritt. Genau dahinter steht die Jugend.
Wenn wir jetzt das große Ganze ansehen, haben Jugendliche überhaupt kein Verständnis für alte weiße Männer, die von sich selbst behaupten, dass sie dort sitzen, weil Gott direkt zu ihnen gesprochen hat. Es muss nicht direkt eine Demokratie eingeführt werden, aber Partizipation muss möglich sein.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.