In seinem Entwurfstext zum Klimaschutz kritisiert der Ökumenische Rat der Kirchen, dass Politik und Wirtschaft zu lange nicht auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum menschenverursachten Klimawandel reagiert hätten. Nun bleibe kaum noch Zeit zum Umsteuern.
Das Papier fordert beispielsweise, den Abbau von Kohle und Gas umgehend zu beenden und vollständig auf erneuerbare Energien zu setzen. Der ökologische Umbau dürfe dabei nicht zulasten der ohnehin schon benachteiligten Gruppen und Staaten gehen, so die Forderung.
Reiche Staaten müssten arme Staaten finanziell unterstützen und für bereits erlittene Schäden des Klimawandels entschädigen. Jeder Mensch weltweit habe ein Recht auf saubere und gesunde Umwelt. Eindringlich fordert der ÖRK ein gerechteres Wirtschaftssystem.
Engagement für ökologische Wende
Die Resolution ruft zudem Christinnen und Christen weltweit auf, in ihren eigenen Gemeinschaften für die ökologische Wende zu kämpfen. Es brauche eine "Ökumenische Dekade zum Kampf für eine gerechte und nachhaltige Welt". Dazu gehöre auch, dass alle Kirchen Treibhausgase einsparten und umweltfreundlicher arbeiteten.
Der ÖRK-Dachverband selbst wird aufgerufen, eine eigene Umweltkommission einzurichten und wo immer möglich auf Flugreisen zu verzichten. Bis spätestens 2050 müsse die ÖRK-Arbeit CO2-neutral werden.
Ohne Schuldzuweisungen
Auch eine Erklärung zum Krieg in der Ukraine bereitet der Weltkirchenrat vor. Der am Montag in Karlsruhe veröffentlichte Entwurf verurteilt den Krieg, vermeidet aber Schuldzuweisungen an den russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie Kritik an der russisch-orthodoxen Kirche wegen ihrer Unterstützung und Rechtfertigung des Kriegs.
Die Vollversammlung "verurteilt diesen illegalen und nicht zu rechtfertigenden Krieg. Wir erneuern den Ruf nach einem sofortigen Waffenstillstand, um das Sterben und die Zerstörung zu stoppen, und nach Dialog und Verhandlungen, um einen nachhaltigen Frieden zu erreichen", heißt es in dem Entwurf.
Appell an "alle Konfliktbeteiligten"
An "alle Konfliktbeteiligten" geht der Appell, die Grundsätze des internationalen Völkerrechts insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur sowie die humane Behandlung von Kriegsgefangenen zu respektieren.
Die Anwesenheit von Vertretern der Kirchen der Ukraine und Russlands in Karlsruhe hat laut dem Entwurf "als eine praktische Gelegenheit für Begegnung und Dialog gedient und als ein Zeichen unseres anhaltenden Engagements dafür, miteinander in Dialog zu treten über die Dinge, die uns trennen".
Weiter bekräftigt der Entwurf den Aufruf des ÖRK vom Juni "an unsere christlichen Schwestern und Brüder in den russischen und ukrainischen Kirchen, ihre Stimmen zu erheben, um gegen die anhaltenden Tötungen, die anhaltende Zerstörung, Vertreibung und Enteignung der Menschen in der Ukraine Stellung zu beziehen".
Kritik an Militarisierung
In der fünfseitigen Erklärung wird "die stark gestiegene Militarisierung, Konfrontation und Spaltung auf dem europäischen Kontinent" als eine der vielen Folgen des Kriegs in der Ukraine beklagt. Sie gehe einher mit einer riesigen und meist unkontrollierten Verbreitung von Waffen in der Region und einer neuen und sich zuspitzenden Gefahr eines Atomkonflikts, welcher eine Katastrophe schrecklichen und wahrscheinlich globalen Ausmaßes auslösen würde.
"Eine neue Trennlinie wird quer durch den Kontinent gezogen, und beide Seiten sind bis an die Zähne bewaffnet." Es bestehe die Gefahr, dass künftig auch andere größere Länder versuchen könnten, kleinere Nachbarländer unter dem Vorwand der Verteidigung nationaler Interessen einzunehmen.
Streben nach Einheit
Auch für die Kirchen selbst seien die Folgen des Krieges "schon jetzt gravierend, einschließlich der Entscheidung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, alle ihre Verbindungen mit dem Moskauer Patriarchat zu brechen", heißt es weiter.
Das Streben nach Einheit unter Gläubigen bleibe "eine dringende, aber unerfüllte Aufgabe für die weltweite Kirche - aber durch Krieg verursachte Traumata und Misstrauen verkomplizieren diese Aufgabe". Der Entwurf soll in den nächsten Tagen im Plenum der Vollversammlung diskutiert und verabschiedet werden.
Resolution zur Lage in Nahost
Eine Resolution zur Lage in Nahost legte der Weltkirchenrat bereits am Montag vor. Die ÖRK-Vollversammlung wird bis Donnerstag darüber abstimmen. Der fünfseitige Text beschreibt die Situation von Christen in Israel, in den Palästinensergebieten sowie in Syrien und Irak als dramatisch. Christliche Gemeinschaften seien in der "historischen Wiege unseres Glaubens" in ihrer Existenz gefährdet. Es brauche mehr internationale Unterstützung für die Christen in der Region.
Israels Politik wird deutlich kritisiert, gleichzeitig prangert die Resolution Missstände und Gewalt auf palästinensischer Seite an. Den im Vorfeld der ÖRK-Versammlung erhobenen Vorwurf einer israelischen "Apartheid-Politik" gegenüber den Palästinenser greift das Papier nicht auf.
Kritik an Politik Israels und Gewalt der Hamas
Allerdings wirft der Resolutionsentwurf Israel Vertreibungen und Menschenrechtsverletzungen von palästinensischen Christen vor. Vielfach werde deren Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Katastrophal sei die humanitäre Lage im Gazastreifen. Den israelischen Siedlungsbau kritisiert die Resolution als völkerrechtswidrig.
Zugleich verurteilt der Resolutionsentwurf Gewalttaten der Hamas und anderer palästinensischer Terrorgruppen. Deren Gewalttätigkeiten und Angriffe auf Israel eskalierten die "Spirale der Gewalt" und seien für die aktuelle Konfliktlage mitverantwortlich.
Christen in Gefahr
Auch vom christlichen Leben in Jerusalem zeichnet die Resolution ein düsteres Bild. Die christliche "Präsenz und Identität in Jerusalem" sei in Gefahr. Die Rechte aller Bewohner - Muslime, Juden, Christen, Palästinenser und Israeli - müssten aber gleichermaßen geschützt werden, so die Forderung.
Explizit anerkennt die Resolution den "rechtmäßigen Platz des Staates Israel in der internationalen Staatengemeinschaft", Israels Hoheitsrechte sowie die "legitimen Bedürfnisse nach Sicherheit". Ein echter Friede werde aber, so der Entwurf, nur durch ein Ende der "illegalen Besetzung" palästinensischer Gebiete möglich.
Blick auf Syrien und Irak
Der Text beschreibt auch das Leid von Christen in Syrien und Irak, die vielfach Opfer von Kriegen, gewalttätigem religiösen Extremismus und Menschenrechtsverletzungen seien. Der ÖRK werde sich auch künftig in beiden Staaten weiter für Frieden und Religionsfreiheit einsetzen, so die Resolution.
Die 11. Vollversammlung des Weltkirchenrats tagt noch bis Donnerstag in Karlsruhe. Versammelt sind rund 4.000 Delegierte, Beraterinnen und Experten aus mehr als 120 Staaten. Im ÖRK vertreten sind vor allem evangelische, anglikanische und orthodoxe Kirchen. Die katholische Kirche hat Gaststatus.