Erste Bundesschützenkönigin sieht in Sieg wichtiges Signal

"Die Männer wollen schon mal gerne unter sich sein"

Für sie selbst überraschend hat sich Andrea Reiprich am Wochenende zur ersten Bundesschützenkönigin geschossen. Neben dem persönlichen Erfolg sieht sie darin ein wichtiges Zeichen in dem nach wie vor eher männerdominierten Sport.

Symbolbild Ein Schütze in Uniform / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Ein Schütze in Uniform / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie haben dreimal in die Mitte geschossen, 30 Punkte oder 30 Ringe von 30 Ringen. Damit haben Sie die bisherige Männerbastion im deutschen Schützenwesen erobert. Waren Sie selber überrascht?

Bundeskönigin 2022, Andrea Reiprich, mit ihrem Lebensgefährten (BHSB)
Bundeskönigin 2022, Andrea Reiprich, mit ihrem Lebensgefährten / ( BHSB )

Andrea Reiprich (Erste katholische Bundesschützenkönigin des Bundes historischer deutscher Schützenbruderschaft): Ehrlich gesagt, ja. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich dachte, dass mir ein Schuss daneben gegangen wäre.

DOMRADIO.DE: Nur neun der 86 Teilnehmenden bei diesem Wettbewerb waren weiblich. Sieben Titel gab es zu ergattern, vier davon haben sie und Ihre Mitstreiterinnen bekommen. Wie kommt es denn, dass erst 2022 eine Frau Königin wird und es bislang nur männliche Sieger gab?

Reiprich: Ich denke, es liegt daran, dass in vielen Vereinen Frauen keinen Zutritt haben. Es sind reine Männer-Vereine. Es gibt, glaube ich, keinen Verein, der nur aus Frauen besteht. Da das immer männlich geprägt war, ist es schwierig für Frauen, da durchzukommen.

DOMRADIO.DE: Finden Sie das eher frauenfeindlich oder ist es eine Tradition?

Reiprich: Es ist eine Tradition, glaube ich. Ich glaube nicht, dass es frauenfeindlich ist. Aber die Männer wollen schon mal gerne unter sich sein.

DOMRADIO.DE: Am Sonntag wurden Sie dann bei einer Festmesse mit Bundespräses Robert Kleine, dem Kölner Stadtdechanten und einer Festrede von Schirmherr und NRW-Gesundheitsminister Karl Josef Laumann inthronisiert. Wie war das für Sie?

Reiprich: Ich fand das unglaublich toll, so eine Gemeinschaft zu erleben, dass so viele Menschen zusammen einen Gottesdienst feiern können. Ich bin immer noch völlig geflasht.

DOMRADIO.DE: Weshalb ist das Schießen und Schützin zu sein für Sie eine christliche Tradition?

Andrea Reiprich (Erste katholische Bundesschützenkönigin des BHDS)

"Uns geht es ums Schießen und die Ruhe, die Konzentration und um das Vereinsleben, dass man zusammen was auf die Beine stellen kann."

Reiprich: Ich finde es ganz wichtig, in einem Vereinsleben einen Zusammenhalt aufzubauen. Ich will niemandem etwas unterstellen, aber oft wird ein Schützenfest mit Trinken in Verbindung gebracht. Das ist in unserem Verein nicht so. Uns geht es ums Schießen und die Ruhe, die Konzentration und um das Vereinsleben, dass man zusammen was auf die Beine stellen kann.

DOMRADIO.DE: Seit 2017 hat sich einiges getan beim "Bund der historischen deutschen Schützenbruderschaft". Dort wurde beschlossen, dass auch Muslime und andere Nicht Christen Schützenkönig werden können. Ist die Tatsache, dass Sie die erste Bundeskönigin sind, jetzt ein weiterer Schritt für Frauenpower?

Reiprich: In jedem Fall und das finde ich ganz wichtig. Auch die Europa-Königswürde und auch die Europa-Prinzessin sind deutsche Frauen geworden, beides zum ersten Mal. Ich finde es ganz wichtig, dass sich alles ein bisschen öffnet und dass ein bisschen mehr Gleichheit besteht.

DOMRADIO.DE: Schützenbruderschaft heißt es aber. Das klingt, als wären Frauen immer noch ausgeschlossen. Werden die katholischen Schützen demnächst sprachlich geschlechtergerecht?

Reiprich: Es ist schwierig, da einen neuen Namen zu finden. Wir in Waldbreitbach nennen uns einfach nur St. Sebastianus Schützen und nicht mehr Bruderschaft hinten. Vielleicht finden wir gemeinsam einen Weg.

DOMRADIO.DE: Kann man die Schwestern nicht noch da reinschieben?

Reiprich: Ja, vielleicht. Das müssen wir mal schauen.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Bund der historischen deutschen Schützenbruderschaften: "Glaube Sitte Heimat"

Die Begriffe "Glaube, Sitte, Heimat" sind seit der frühesten Zeit des Verbandes als Schlagwörter für das Programm benutzt worden. Zunächst hießen sie allerdings "Glaube, Liebe, Heimat". Das Motto stammt vermutlich von Schulrat Lankes, der erster Schatzmeister der "Erzbruderschaft" war. Die Wortwahl des Mottos wird heute von Außenstehenden oft mit Misstrauen zur Kenntnis genommen. Die Begriffe hören sich eben sehr völkisch und damit belastet an. Um der Sache nicht Unrecht zu tun, sind Erläuterungen angebracht.

Ein Schützenhut / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Ein Schützenhut / © Rolf Vennenbernd ( dpa )
Quelle:
DR