Das berichtet das US-Portal "The Pillar". Der zunächst für Montag (19. September) geplante Auftakt des umstrittenen Verfahrens war wegen der Covid-Infektion der zuständigen Richterin Ada Yim Shun-yee am West Kowloon Court abgesagt worden. Das Urteil war für Freitag erwartet worden.
Zen und die anderen Beschuldigten waren im Mai unter dem Vorwurf der Kollaboration und geheimen Absprache mit ausländischen Mächten verhaftet worden. Als Treuhänder des humanitären "Fonds 612" zur Unterstützung von Menschen, die 2019 während der Pro-Demokratie-Demonstrationen festgenommen wurden, sollen sie gegen das Nationale Sicherheitsgesetz vom Sommer 2020 verstoßen haben.
Zen und Mitangeklagte bekannten sich nicht schuldig
Experten gehen aber davon aus, dass der ursprüngliche Vorwurf der Untergrabung der nationalen Sicherheit aus Sorge vor internationalen Reaktionen fallengelassen wurde, wie Medien berichten. Ihnen werde nun lediglich vorgeworfen, den Fonds nicht ordnungsgemäß registriert zu haben. Damit sei schlimmstenfalls mit Geldstrafen von bis zu 1.750 US-Dollar zu rechnen. Andernfalls drohten Gefängnisstrafen.
Neben dem Kardinal sind die Rechtsanwältin Margaret Ng, die Sängerin und Aktivistin Denise Ho, das ehemalige Legislativratsmitglied Cyd Ho, der Kulturwissenschaftler Hui Po-keung und die Aktivistin Sze Ching-wee angeklagt. Zen und seine Mitangeklagten bekannten sich nach der Festnahme nicht schuldig; der Kardinal wurde am selben Tag gegen Kaution freigelassen. Die Verteidigung führt an, sie seien nicht verpflichtet gewesen, den Fonds offiziell zu registrieren. Bis zu seiner Auflösung im Oktober 2021 half der "Fonds 612" demnach Tausenden Demokratie-Aktivisten finanziell und durch rechtlichen Beistand.
Wie reagiert der Vatikan?
Der Vatikan hatte wenige Stunden nach Zens Verhaftung seine "Besorgnis" ausgedrückt und bekräftigt, "die Entwicklung sehr genau zu verfolgen". Seitdem hat sich der Heilige Stuhl nicht mehr offiziell geäußert, was teils heftige Kritik auslöste.
Laut der Zeitung "La Croix" könnte allerdings jede Intervention des Vatikan als ausländische Einmischung in den Prozess wahrgenommen werden und die Lage des Kardinals verschlechtern. Zen selbst habe um Zurückhaltung gebeten, zitiert "La Croix" eine Vatikan-Quelle.
Kardinal Zen ist als Kritiker der Vereinbarung zwischen dem Heiligen Stuhl und China zur gegenseitigen Anerkennung von Bischofsernennungen bekannt. Peking nutze seine Beziehungen zum Vatikan aus, um Katholiken in China unterdrücken zu können, so der Geistliche.
Verhandlungen zur Abkommen-Verlängerung laufen
Derzeit laufen Verhandlungen zur Verlängerung des geheimen Abkommens. Laut "The Pillar" glauben China-Beobachter, dass die kommunistischen Behörden den Zen-Prozess als Faustpfand für die Verlängerung des Abkommens um weitere zwei Jahre nutzen.
Bei einer Vorverhandlung vor dem West Kowloon Court im August erhielt die Staatsanwaltschaft die Genehmigung, den Prozess auf Chinesisch und nicht auf Englisch durchzuführen. Dies sehen Beobachter als Nachteil für die Verteidigung, so "The Pillar". Die Schlussplädoyers sollen laut "Hong Kong Free Press" auf Englisch gehalten werden.