Der Investiturstreit ist in Deutschland untrennbar mit dem Namen Canossa verknüpft. Vor der italienischen Burg Canossa tat König Heinrich IV. Buße, damit Papst Gregor VII. den Kirchenbann löste, den dieser über ihn verhängt hatte.
Für die Zeitgenossen hatte der Gang nach Canossa als Ereignis allerdings kaum die Bedeutung, die ihm heute zugesprochen wird. Der Kirchenbann über einen König schockierte zwar viele Chronisten, doch nutzte sich der Schockeffekt schnell ab, da die Päpste dieses Instrument danach häufiger einsetzten.
Ein Sinnbild für Buße oder Reue wurde Canossa erst sehr viel später, und zwar durch den deutschen Reichskanzler Otto von Bismarck (1815-1898). Im sogenannten Kulturkampf des deutschen Staats gegen die deutschen Katholiken verkündete er 1872 im Reichstag: "Nach Canossa gehen wir nicht". Er meinte damit, dass das Deutsche Reich nicht nachgeben werde.
"Canossa" wurde bei Bismarck zum Sinnbild einer Niederlage. Eine eindeutige Niederlage für Heinrich IV. war das historische Ereignis allerdings nicht. Schließlich erreichte er damit die Lösung des Kirchenbanns und rettete so seine Krone. (epd 12.09.22)