Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Nicht einmal um den guten Ruf besorgt?

Ob München oder Hamburg, ob Münster oder wie in dieser Woche in Osnabrück: Unsere katholischen Bischöfe bleiben im Amt. Selbst wenn ihnen gravierende Fehler bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauches nachgewiesen werden. Selbst wenn sie jahrzehntelang an der Kirchenspitze für ein System Verantwortung tragen, welches Straftaten begünstigte. Oberstes Ziel ist und bliebt der Schutz der Institution Kirche – auch da, wo diese ihre Heiligkeit längst verloren hat, weil sie eben nicht die Kleinsten und Geringsten schützte.

Vermutlich würde keiner der Bischöfe Donald Trump als den geeignetsten Aufklärer seiner eigenen Straftaten ansehen. Beim Blick in den Spiegel sieht das allerdings dann ganz anders aus. Dass der Papst auch kein Einsehen hat, macht die Sache nicht besser. Einer breiten Öffentlichkeit ist dieses "Ich würde ja zurücktreten, wenn der Papst oder mein Gewissen mich nur ließen!", kaum mehr zu vermitteln. Und selbst in den eigenen Reihen können die Oberhirten so den immer größer werdenden Vertrauensverlust kaum stoppen. Uneinigkeit wie bei der Abstimmung über eine neue Sexualethik beim Synodalen Weg in Frankfurt vergrößert eher die Kluft zu den eigenen Gläubigen. 

In Fulda bei ihrer am Montag beginnenden Vollversammlung haben die Bischöfe also wiederum genug mit sich selbst zu tun. Und das in einer krisenerschütterten Welt - die so dringend eine laute christliche Stimme für die Bewahrung der Schöpfung - für Frieden und Gerechtigkeit bräuchte. 

Es ist erschütternd, was die Wissenschaftler der Universität Osnabrück den verantwortlichen Kirchenmännern ins Stammbuch schreiben: Pflichtverletzungen und Versagen bis in die jüngste Vergangenheit. Das Leid der Betroffenen stünde nicht im Mittelpunkt. Schlimmer noch: Die katholische Kirche agiere nicht einmal wie ein ehrbarer Kaufmann, der um seinen guten Ruf besorgt sei. Bei der Kirche sei Verzögern und Abwehr angesagt, sogar mögliche Spielräume für Großzügigkeit würden nicht genutzt. Deutlicher kann man der Kirche nicht den Spiegel vorhalten. 

 

Ingo Brüggenjürgen

für DOMRADIO.DE

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